21. August 2024

Design­ma­nage­ment im Fokus

Ire­ne Au im Inter­view mit Bet­ti­na Schulz

Design als stra­te­gi­scher Schub

Erfolg­rei­che Mar­ken mögen in ihrer inhalt­li­chen Aus­rich­tung, ihrer Ziel­set­zung sowie ihrem Auf­tre­ten noch so unter­schied­lich sein, eine Grund­la­ge ver­bin­det sie: die Inte­gra­ti­on des Design­pro­zes­ses in die lang­fris­ti­ge Geschäfts­stra­te­gie. Die Pla­nung, Ent­wick­lung und letzt­li­che Aus­füh­rung basiert im bes­ten Fall auf einem fun­dier­ten Design­ma­nage­ment, das alle Design- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­stru­men­te mit den jewei­li­gen Unter­neh­mens­zie­len und nicht zuletzt den Anfor­de­run­gen des Mark­tes in Ein­klang bringt. Von der über­ge­ord­ne­ten Stra­te­gie über die Pro­jekt­lei­tung bis hin zur Qua­li­täts­kon­trol­le gilt es, die Kraft des Designs zu nut­zen und Maß­nah­men punkt­ge­nau zu koordinieren.

Wie sehr sich der Wert des Designs kon­kret auf die Ent­wick­lung von Unter­neh­men und Mar­ken aus­wirkt, zeigt bei­spiels­wei­se die bay­ern design-Stu­die von Jan-Erik Baars – Stu­di­en­be­richt zur Design­fä­hig­keit. Hier wird deut­lich, dass Design bei Wei­tem kein deko­ra­ti­ves Add-on ist, son­dern Teil der unter­neh­me­ri­schen Stra­te­gie ist, die von allen Unter­neh­mens­be­rei­chen mit­ge­tra­gen wer­den muss.

Es braucht Spe­zia­lis­ten, die von hybri­der Natur sind 

Ein Voll­blut-Desi­gner wird sich mit dem Spek­trum an Design­ma­nage­ment-Auf­ga­be eher weni­ger wohl­füh­len, wäh­rend ein gebo­re­ner Mana­ger durch­aus ein Gespür für Design und sei­ne Wir­kung mit sich brin­gen muss. Nicht sel­ten ist es rat­sam, die­sen beson­de­ren Part zur Eta­blie­rung des Design­ma­nage­ments mit exter­ner Hil­fe­stel­lung zu bewerk­stel­li­gen, um Inno­va­tio­nen zu för­dern und die gewünsch­te Wert­stei­ge­rung zu erzielen.

Ire­ne Au kennt die­se Pro­zes­se aus bei­den Per­spek­ti­ven: Sie bau­te in der Ver­gan­gen­heit Expe­ri­ence- und Design­teams in Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men wie Goog­le, Yahoo! oder Uda­ci­ty User auf und lei­te­te die­se über vie­le Jah­re. Heu­te ver­hilft sie als Design­part­ne­rin bei Khos­la Ven­tures den CEOs von Start-ups zu einem bes­se­ren Ver­ständ­nis für Nut­zer­be­dürf­nis­se. Ihr Ziel ist es immer, die stra­te­gi­sche Bedeu­tung des Designs in den Unter­neh­men zu erhö­hen und hier­für bes­se­re Metho­den sowie Pro­zes­se zu eta­blie­ren. Dar­über hin­aus ist Ire­ne Au Autorin von „Design in Ven­ture Capi­tal“: Hier­in wird nicht nur deut­lich, wie Design­ma­nage­ment-Pro­zes­se von außen ange­sto­ßen wer­den, son­dern auch, wel­che Rol­le das stra­te­gi­sche Design­ma­nage­ment bei der Kapi­tal­be­schaf­fung von Start-ups spielt. Wir spra­chen mit der Exper­tin über die glo­ba­len Ver­än­de­run­gen und wel­che Vor­tei­le ein kon­zen­trier­tes Design­ma­nage­ment mit sich bringt.

Bet­ti­na Schulz im Gespräch mit Ire­ne Au

Bet­ti­na Schulz: In Ihrem Buch „Design in Ven­ture Capi­tal“ erläu­tern Sie die Rol­le von Design­part­nern, die CEOs bera­ten, aber kei­ne prak­ti­schen Design­leis­tun­gen erbrin­gen. Han­delt es sich dabei um eine neue Ent­wick­lung oder um ein bestehen­des „Modell“, das sich immer mehr durchsetzt?

Ire­ne Au: Die Rol­le von Design­part­nern im Risi­ko­ka­pi­tal­be­reich ist ein sich ent­wi­ckeln­des Modell, das in den letz­ten Jah­ren an Bedeu­tung gewon­nen hat. Die Inte­gra­ti­on von Design Thin­king in die Unter­neh­mens­stra­te­gie gibt es schon seit Jahr­zehn­ten, wobei Unter­neh­men wie IDEO das Kon­zept des Design Thin­king in den 1990er Jah­ren popu­lär gemacht haben. Tra­di­tio­nell kon­zen­trier­ten sich Risi­ko­ka­pi­tal­fir­men in ers­ter Linie auf die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung, stra­te­gi­sche Bera­tung und Geschäfts­ent­wick­lung ihrer Port­fo­lio­un­ter­neh­men. Design wur­de oft als nach­träg­li­cher Gedan­ke oder als zweit­ran­gi­ges Anlie­gen betrachtet.

BS: Wie kam es hier zu einem Umdenken?

IA: Da die Märk­te wett­be­werbs­fä­hi­ger gewor­den sind und die Benut­zer­er­fah­rung zu einem ent­schei­den­den Unter­schei­dungs­merk­mal gewor­den ist, hat die Rol­le des Designs bei der Pro­dukt­ent­wick­lung und der Geschäfts­stra­te­gie an Bedeu­tung gewon­nen. In Aner­ken­nung des stra­te­gi­schen Werts von Design haben Risi­ko­ka­pi­tal­fir­men (Ven­ture Capi­tal-Fir­men) damit begon­nen, Design-Know-how for­mel­ler in ihre Bera­tungs­diens­te zu inte­grie­ren. Die­se Ent­wick­lung spie­gelt einen all­ge­mei­nen Trend zu einer ganz­heit­li­chen Unter­stüt­zung von Start-ups wider, die über eine rei­ne Finanz­hil­fe hin­aus­geht. Dabei hat sich die for­ma­le Rol­le von Design-Part­nern in Risi­ko­ka­pi­tal­fir­men in den letz­ten zehn Jah­ren immer mehr durch­ge­setzt. Die­se Fach­leu­te brin­gen ihre Exper­ti­se in den Berei­chen UX, Pro­dukt­de­sign und Design Thin­king ein, um Start­ups bei der Ent­wick­lung nut­zer­ori­en­tier­ter Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen zu unter­stüt­zen. Design­part­ner kon­zen­trie­ren sich in der Regel auf die Bera­tung und Betreu­ung von CEOs und Füh­rungs­teams bei der Ein­bin­dung von Design­prin­zi­pi­en in ihre Gesamt­stra­te­gie und nicht auf die Bereit­stel­lung prak­ti­scher Designdienstleistungen.

Dies steht im Ein­klang mit der bera­ten­den Natur der meis­ten Risi­ko­ka­pi­tal-Unter­stüt­zung, bei der der Schwer­punkt auf stra­te­gi­scher Bera­tung und nicht auf ope­ra­ti­ver Aus­füh­rung liegt. Füh­ren­de Risi­ko­ka­pi­tal­fir­men wie Khos­la Ven­tures, GV (ehe­mals Goog­le Ven­tures), Klei­ner Per­kins und Sequoia Capi­tal haben sich die­ses Modell zu eigen gemacht und set­zen Design­part­ner ein, um den Erfolg ihrer Port­fo­lio­un­ter­neh­men zu stei­gern. Die Erfolgs­ge­schich­ten die­ser Unter­neh­men haben ande­re dazu ermu­tigt, ähn­li­che Auf­ga­ben zu übernehmen.

BS: Was macht gutes Design­ma­nage­ment heu­te so wert­voll und vor allem pro­fi­ta­bel für Mar­ken und Unternehmen?

IA: Gutes Design­ma­nage­ment ist für Mar­ken und Unter­neh­men heu­te aus meh­re­ren Grün­den wert­voll und pro­fi­ta­bel. Das will ich an eini­gen Punk­ten ein­mal verdeutlichen:

  1. Wett­be­werbs­vor­teil: Effek­ti­ves Design­ma­nage­ment trägt dazu bei, ein­zig­ar­ti­ge und inno­va­ti­ve Pro­duk­te oder Dienst­leis­tun­gen zu schaf­fen, die sich auf dem Markt abhe­ben. Die­se Dif­fe­ren­zie­rung kann zu einer stär­ke­ren Wett­be­werbs­po­si­ti­on führen.
  2. Kun­den­zu­frie­den­heit und ‑loya­li­tät: Ein gut geführ­ter Design­pro­zess kon­zen­triert sich auf benut­zer­zen­trier­tes Design und stellt sicher, dass die Pro­duk­te oder Dienst­leis­tun­gen den Bedürf­nis­sen und Vor­lie­ben der Kun­den ent­spre­chen. Zufrie­de­ne Kun­den wer­den mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit zu Wie­der­ho­lungs­käu­fern und Für­spre­chern der Marke.
  3. Kon­sis­tenz und Stär­ke der Mar­ke: Das Design­ma­nage­ment stellt sicher, dass alle Design­ele­men­te mit der Iden­ti­tät und den Wer­ten der Mar­ke über­ein­stim­men und ein kohä­ren­tes und wie­der­erkenn­ba­res Mar­ken­image schaf­fen. Eine star­ke Mar­ke kann höhe­re Prei­se erzie­len und die Kun­den­treue fördern.
  4. Effi­zi­en­te Nut­zung von Res­sour­cen: Ein gutes Design­ma­nage­ment opti­miert den Ein­satz von Res­sour­cen, ein­schließ­lich Zeit, Geld und Talent. Durch die Ratio­na­li­sie­rung von Pro­zes­sen und die Redu­zie­rung von Ver­schwen­dung kön­nen Unter­neh­men mit weni­ger Res­sour­cen bes­se­re Ergeb­nis­se erzielen.
  5. Inno­va­ti­on und Wachs­tum: Durch die För­de­rung einer Kul­tur der Krea­ti­vi­tät und Inno­va­ti­on kann das Design­ma­nage­ment zur Ent­wick­lung neu­er Pro­duk­te, Dienst­leis­tun­gen und Geschäfts­mo­del­le füh­ren. Die­se Inno­va­ti­on för­dert das Wachs­tum und hält das Unter­neh­men in einem sich schnell ver­än­dern­den Markt relevant.
  6. Reak­ti­ons­fä­hig­keit auf den Markt: Ein effek­ti­ves Design­ma­nage­ment ermög­licht es Unter­neh­men, schnell auf Markt­trends und ‑ver­än­de­run­gen zu reagie­ren. Agi­li­tät und Anpas­sungs­fä­hig­keit kön­nen hel­fen, neue Chan­cen zu nut­zen und Risi­ken zu mindern.
  7. Ver­bes­ser­te Zusam­men­ar­beit und Kom­mu­ni­ka­ti­on: Design­ma­nage­ment för­dert die funk­ti­ons­über­grei­fen­de Zusam­men­ar­beit und sorgt dafür, dass ver­schie­de­ne Abtei­lun­gen naht­los zusam­men­ar­bei­ten. Die­ser ganz­heit­li­che Ansatz führt zu einer bes­se­ren Ent­schei­dungs­fin­dung und stär­ker inte­grier­ten Lösungen.
  8. Ver­bes­ser­te Qua­li­tät und Kon­sis­tenz: Eine kon­sis­ten­te Desi­gn­qua­li­tät über alle Berüh­rungs­punk­te hin­weg ver­bes­sert das gesam­te Kun­den­er­leb­nis. Hoch­wer­ti­ges Design kann Feh­ler redu­zie­ren, die Funk­tio­na­li­tät ver­bes­sern und die Kun­den­zu­frie­den­heit erhöhen.
  9. Finan­zi­el­le Leis­tung: Unter­neh­men, die über ein gutes Design­ma­nage­ment ver­fü­gen, ver­zeich­nen häu­fig eine bes­se­re finan­zi­el­le Leis­tung. Gutes Design kann zu höhe­ren Umsät­zen, bes­se­ren Gewinn­span­nen und grö­ße­ren Markt­an­tei­len führen.
  10. Nach­hal­tig­keit und Ver­ant­wor­tung: Die Ein­be­zie­hung nach­hal­ti­ger Design­prak­ti­ken kann den Ruf eines Unter­neh­mens ver­bes­sern und die wach­sen­de Nach­fra­ge nach umwelt­freund­li­chen Pro­duk­ten befrie­di­gen. Dies zieht Kun­den an und kann auch zu Kos­ten­ein­spa­run­gen und zur Ein­hal­tung von Vor­schrif­ten führen.

BS: Gutes Design­ma­nage­ment geht also weit über die Mar­ken­pfle­ge hinaus?

IA: Abso­lut. Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass es bei gutem Design­ma­nage­ment nicht nur um Ästhe­tik geht, son­dern um die Schaf­fung von Wer­ten für das gesam­te Unter­neh­men. Es rich­tet die Design­be­mü­hun­gen an den Unter­neh­mens­zie­len aus und för­dert die Ren­ta­bi­li­tät und den lang­fris­ti­gen Erfolg.

BS: Ist der ers­te Schritt immer, dass Unter­neh­men den Begriff Design ein­fach neu defi­nie­ren müssen?

IA: Die Neu­de­fi­ni­ti­on des Begriffs „Design“ inner­halb eines Unter­neh­mens kann ein ent­schei­den­der ers­ter Schritt sein, aber nicht unbe­dingt der ers­te für jede Orga­ni­sa­ti­on. Die Not­wen­dig­keit und der Zeit­punkt die­ses Schrit­tes hän­gen vom aktu­el­len Design­ver­ständ­nis des Unter­neh­mens und sei­ner Ein­bin­dung in die Geschäfts­stra­te­gie ab. Gene­rell kön­nen Unter­neh­men mit der Ver­bes­se­rung ihres Design­ma­nage­ments begin­nen, indem sie zunächst die Wahr­neh­mung bewer­ten. Wie wird Design der­zeit inner­halb des Unter­neh­mens wahr­ge­nom­men? Han­delt es sich um rei­ne Ästhe­tik, oder wird sein stra­te­gi­scher Wert erkannt? Wenn Design zu eng defi­niert ist, müs­sen die Design­ver­ant­wort­li­chen sei­ne Defi­ni­ti­on erwei­tern, um stra­te­gi­sche, nut­zer­zen­trier­te und geschäfts­ori­en­tier­te Aspek­te ein­zu­be­zie­hen. Die­se umfas­sen­de­re Defi­ni­ti­on soll­te klar for­mu­liert und allen Betei­lig­ten, vom Top-Manage­ment bis zu den ein­zel­nen Team­mit­glie­dern, ver­mit­telt werden.

BS: Was ist bei die­ser Defi­ni­ti­on zu berücksichtigen?

IA: Die Design­zie­le müs­sen mit den all­ge­mei­nen Geschäfts­zie­len über­ein­stim­men, um sicher­zu­stel­len, dass die­se Bemü­hun­gen direkt zum Geschäfts­er­folg bei­tra­gen. Zudem soll­te Design Thin­king früh­zei­tig in die Pro­dukt­ent­wick­lungs- und Ent­schei­dungs­fin­dungs­pha­sen ein­ge­bet­tet wer­den. Not­wen­dig ist eine Kul­tur des Design Thin­king im gesam­ten Unter­neh­men, um Krea­ti­vi­tät, Empa­thie und Inno­va­ti­on zu för­dern. Die Beschäf­ti­gung und Ent­wick­lung talen­tier­ter Desi­gner, die die­se Design-Visi­on vor­an­trei­ben kön­nen, ist von ent­schei­den­der Bedeutung.

Sobald die­se Ver­än­de­run­gen eta­bliert sind, kann das Krea­tiv­team Design­pro­zes­se ent­wi­ckeln und stan­dar­di­sie­ren, um Kon­sis­tenz, Effi­zi­enz und Qua­li­tät zu gewähr­leis­ten, wobei die Metho­den auf der Grund­la­ge von Feed­back und Leis­tungs­da­ten regel­mä­ßig über­prüft und ver­fei­nert werden.
Es ist wich­tig, die Erfol­ge und Aus­wir­kun­gen von Desi­gn­in­itia­ti­ven regel­mä­ßig zu kom­mu­ni­zie­ren, um ihren Wert zu unter­strei­chen. Die Aner­ken­nung und Wür­di­gung der Bei­trä­ge von Design­teams trägt zur Stär­kung der Arbeits­mo­ral bei und för­dert wei­te­re Innovationen.

Design Thin­king

Design Thin­king ist kei­ne sin­gu­lä­re Krea­tiv­me­tho­de, son­dern gilt als sys­te­ma­ti­scher Ansatz, dem eine men­schen­zen­trier­te Lösungs­ori­en­tiert­heit sowie die frucht­ba­re mul­ti­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit zugrun­de liegt. Ursprüng­lich als inno­va­ti­ve Metho­de für Pro­dukt­ent­wick­lun­gen erson­nen, erstreckt sich Design Thin­king heu­te über alle krea­ti­ven Herausforderungen.

„Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass es bei gutem Design­ma­nage­ment nicht nur um Ästhe­tik geht, son­dern um die Schaf­fung von Wer­ten für das gesam­te Unternehmen.“

BS: Kann Design­ma­nage­ment auch rein intern funk­tio­nie­ren oder ist eine exter­ne Per­spek­ti­ve unerlässlich?

IA: Design­ma­nage­ment kann sowohl rein intern als auch unter Ein­be­zie­hung einer exter­nen Per­spek­ti­ve funk­tio­nie­ren. Wel­cher Ansatz gewählt wird, hängt von den spe­zi­fi­schen Bedürf­nis­sen, Zie­len und dem Kon­text der Orga­ni­sa­ti­on ab. Ein rein inter­nes Design­ma­nage­ment hat den Vor­teil, dass es über ein umfas­sen­des Wis­sen über die Orga­ni­sa­ti­on und den Kon­text der Wer­te, der Kul­tur und der Zie­le des Unter­neh­mens ver­fügt, was zu kohä­ren­te­ren und bes­ser abge­stimm­ten Design­stra­te­gien füh­ren kann. Es gibt eine ein­fa­che­re und direk­te­re Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Team­mit­glie­dern und Abtei­lun­gen, was die Zusam­men­ar­beit und schnel­le­re Ent­schei­dungs­fin­dung begüns­ti­gen. Zudem sind inter­ne Teams stär­ker am lang­fris­ti­gen Erfolg des Unter­neh­mens betei­ligt, was zu kon­sis­ten­te­ren und nach­hal­ti­ge­ren Design­stra­te­gien führt. Sie sind auch bes­ser in der Lage, mit sen­si­blen Infor­ma­tio­nen über die Zie­le und Stra­te­gien des Unter­neh­mens umzugehen.

BS: Wel­che Nach­tei­le kann das mit sich bringen?

IA: Inter­ne Teams könn­ten sich bei­spiels­wei­se zu sehr abkap­seln, was zu einem Man­gel an neu­en Per­spek­ti­ven und Inno­va­tio­nen führt. Im Ver­gleich zu spe­zia­li­sier­ten exter­nen Agen­tu­ren ver­fü­gen sie mög­li­cher­wei­se nur über begrenz­te Fach­kennt­nis­se, Fähig­kei­ten und Ressourcen.
Per­spek­ti­ven von außen brin­gen neue Ideen, Trends und bewähr­te Ver­fah­ren aus ande­ren Bran­chen und Märk­ten ein und för­dern so die Inno­va­ti­on. Zudem ver­fü­gen exter­ne Agen­tu­ren oder Bera­ter oft über spe­zi­el­le Fähig­kei­ten und Erfah­run­gen, die intern mög­li­cher­wei­se nicht vor­han­den sind. Eine exter­ne Per­spek­ti­ve kann auch eine objek­ti­ve Bewer­tung der Design­stra­te­gien des Unter­neh­mens lie­fern und ver­bes­se­rungs­wür­di­ge Berei­che iden­ti­fi­zie­ren. Außer­dem kön­nen die­se Res­sour­cen je nach Pro­jekt­be­darf auf­ge­stockt oder redu­ziert wer­den, was Fle­xi­bi­li­tät ohne lang­fris­ti­ge Ver­pflich­tun­gen bietet.

BS: Gibt es auch hier Nachteile?

IA: Die Zusam­men­ar­beit mit exter­nen Part­nern ist nicht unpro­ble­ma­tisch. Exter­ne Part­ner ver­ste­hen mög­li­cher­wei­se die Kul­tur, die Wer­te und die stra­te­gi­schen Zie­le des Unter­neh­mens nicht oder stim­men mit ihr nicht über­ein. Unter­schied­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­le und ‑pro­zes­se kön­nen zu Miss­ver­ständ­nis­sen oder Ver­zö­ge­run­gen füh­ren. Zudem kann die Beauf­tra­gung exter­ner Agen­tu­ren oder Bera­ter kost­spie­lig sein, ins­be­son­de­re bei lang­fris­ti­gen Projekten.

BS: Wel­ches Fazit ist dar­aus zu ziehen?

IA: Design­ma­nage­ment kann zwar rein intern funk­tio­nie­ren, aber durch die Ein­be­zie­hung einer exter­nen Per­spek­ti­ve wer­den Inno­va­ti­on, Fach­wis­sen und Objek­ti­vi­tät oft ver­bes­sert. Vie­le Unter­neh­men set­zen daher auf ein Hybrid­mo­dell, dass die Stär­ken sowohl inter­ner Teams als auch exter­ner Part­ner nutzt, um eine aus­ge­wo­ge­ne und umfas­sen­de Design­stra­te­gie zu gewährleisten.

„Gesell­schaft­li­che Trends und Nor­men beein­flus­sen das Ver­hal­ten und die Vor­lie­ben der Ver­brau­cher weltweit.“

BS: Wel­che Vor­aus­set­zun­gen muss ich erfül­len, um die­se bera­ten­de Funk­ti­on zu über­neh­men? Wel­cher Hin­ter­grund ist emp­feh­lens­wert – ist er eher wirt­schaft­li­cher oder krea­ti­ver Natur?

IA: Die Über­nah­me einer bera­ten­den Funk­ti­on im Design­ma­nage­ment erfor­dert eine ein­zig­ar­ti­ge Mischung von Fähig­kei­ten und Erfah­run­gen sowohl aus dem wirt­schaft­li­chen als auch aus dem krea­ti­ven Bereich. Stu­di­en­ab­schlüs­se in Berei­chen wie Gra­fik­de­sign, Indus­trie­de­sign, User Expe­ri­ence (UX) Design oder ande­ren Design­dis­zi­pli­nen bie­ten dabei eine soli­de Grund­la­ge. Ent­schei­dend ist die prak­ti­sche Erfah­rung in einer Design­funk­ti­on, z. B. als Desi­gner, Design­lei­ter oder Crea­ti­ve Direc­tor, denn das Ver­ständ­nis des Design­pro­zes­ses, der Her­aus­for­de­run­gen und der Fein­hei­ten aus dem Desi­gnall­tag her­aus ist not­wen­dig, um Glaub­wür­dig­keit zu erlan­gen und prak­ti­sche Rat­schlä­ge geben zu kön­nen. Erfah­rung in der Lei­tung von Teams, im Pro­jekt­ma­nage­ment und im Tref­fen stra­te­gi­scher Ent­schei­dun­gen ist eben­falls wichtig.

BS: Sie sind in den USA ansäs­sig, arbei­ten aber natür­lich auch für inter­na­tio­na­le Kun­den: Sind die Grund­prin­zi­pi­en der Posi­tio­nie­rung, des Image­auf­baus und der Mar­ken­ent­wick­lung über­all auf der Welt die gleichen?

IA: Gesell­schaft­li­che Trends und Nor­men beein­flus­sen das Ver­hal­ten und die Vor­lie­ben der Ver­brau­cher welt­weit. Die Grund­prin­zi­pi­en der Posi­tio­nie­rung, des Image­auf­baus und der Mar­ken­ent­wick­lung sind uni­ver­sell, aber ihre erfolg­rei­che Anwen­dung erfor­dert Sen­si­bi­li­tät für loka­le Kon­tex­te. Mar­ken, die kul­tu­rel­le, wirt­schaft­li­che, sozia­le und regu­la­to­ri­sche Unter­schie­de ver­ste­hen und sich ihnen anpas­sen, kön­nen effek­tiv eine star­ke glo­ba­le Prä­senz auf­bau­en und gleich­zei­tig Rele­vanz und Reso­nanz auf den loka­len Märk­ten erhalten.

Lese­tipp: Ire­ne Au: Design in Ven­ture Cap­ti­al. Sebas­to­pol, 2016

Zitier­emp­feh­lung: Bet­ti­na Schulz (21.08.2024): Design­ma­nage­ment im Fokus: Ire­ne Au im Inter­view mit Bet­ti­na Schulz, https://bayern-design.de/beitrag/designmanagement-im-fokus

Bet­ti­na Schulz
Bet­ti­na Schulz ist freie Tex­te­rin und Desi­gn­jour­na­lis­tin in Mün­chen. Über 18 Jah­re lang präg­te sie als Chef­re­dak­teu­rin das inter­na­tio­na­le Design­ma­ga­zin novum World of Gra­phic Design, bevor sie 2019 ihr eige­nes Redak­ti­ons­bü­ro grün­de­te. 2006 initi­ier­te sie mit ihrem Redak­ti­ons­team die Crea­ti­ve Paper Con­fe­rence. Heu­te ent­wi­ckelt sie Kun­den­ma­ga­zi­ne, schreibt für ver­schie­de­ne Maga­zi­ne und Agen­tu­ren und betreut Blogs sowie Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on für Kun­den aus unter­schied­li­chen Bran­chen. Dar­über hin­aus ist Bet­ti­na Schulz Juro­rin bei zahl­rei­chen Design­wett­be­wer­ben und im Bera­tungs­bei­rat der Müns­ter School of Design, FH Münster.