von Joa­chim Goetz

Bau­en und Archi­tek­tur ver­än­dern sich dank Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz rasant. Mit den Aus­wir­kun­gen beschäf­ti­gen sich Archi­tek­tur­bü­ros, Fakul­tä­ten, Muse­en und die mcbw.

Wird auf unse­ren Bau­stel­len zum Teil noch recht tra­di­tio­nell und hand­werk­lich gear­bei­tet, fürch­tet so manche:r Krea­tiv­schaf­fen­de in der Archi­tek­tur die Rund­erneue­rung des Bau­ens mit­tels moder­ner Tech­ni­ken und ganz beson­ders den Ein­satz Künst­li­cher Intel­li­genz (KI) im Bau­we­sen. Weil die­se KI dem­nächst Gestalter:innen erset­zen, ja über­flüs­sig machen könn­te. In ihren schlimms­ten Befürch­tun­gen unter­brei­tet eine huma­no­ide AI-Sophia (von Han­son Robo­tics) in Zusam­men­ar­beit mit ande­ren KIs in kür­zes­ter Zeit und im Sekun­den-Takt Vor­schlag um Vor­schlag, der vom intel­li­gen­ten 3D-Dru­cker umge­setzt wird, sobald die Auftraggeber:innen eine Aus­wahl getrof­fen haben. Ent­wurf und das eigent­li­che Bau­en wären in kür­zes­ter Zeit erledigt.

Sci­ence Fic­tion am Bau

Das ist (noch) Sci­ence-Fic­tion. Bis es so weit wäre, müss­ten noch tau­sen­de Hür­den in vie­ler­lei Hin­sicht – tech­ni­scher, recht­li­cher, prak­ti­scher und büro­kra­ti­scher Art – genom­men wer­den. Sicher ist aber: KI wird auch die Archi­tek­tur und das Bau­en verändern.

Zwar ist davon noch wenig zu bemer­ken, aber Ansät­ze und Rich­tun­gen sind sicht­bar. Es gibt Büros und Fakul­tä­ten, in denen schon eif­rig expe­ri­men­tiert wird. Und Muse­en wid­men sich schon län­ger der Kunst mit Künst­li­cher Intelligenz.

Aus den Museen

Das MAK (Muse­um für Ange­wand­te Kunst) in Wien zeig­te in sei­ner Aus­stel­lung unter dem Titel „/imagine. Eine Rei­se in die neue Vir­tua­li­tät“ auch einen Über­blick über Gestal­tungs­stra­te­gien die­ser epo­cha­len „Neu­en Vir­tua­li­tät“. Dort ver­sam­mel­ten sich „span­nen­de, teils neu pro­du­zier­te Pro­jek­te inter­na­tio­na­ler zeit­ge­nös­si­scher Architekt:innen, Designer:innen und Künstler:innen, die sich auf unter­schied­li­che Wei­se mit den Her­aus­for­de­run­gen und Poten­zia­len des vir­tu­el­len Raums und den damit ver­bun­de­nen sozia­len, öko­lo­gi­schen, poli­ti­schen und infra­struk­tu­rel­len Aus­wir­kun­gen auseinandersetzen“.

Die Betrachter:innen wur­den in fik­ti­ve Bild- und Traum­wel­ten aus dem Sek­tor Archi­tek­tur und Städ­te­pla­nung ent­führt, die es so wohl nie geben wird. Alle Tex­te und Infor­ma­tio­nen zu den aus­ge­stell­ten Arbei­ten ste­hen auf der Pro­jekt­web­site zur Verfügung.

 

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Zwar bie­ten die­se KI-erzeug­ten Ent­wür­fe – nicht nur, aber auch – viel Platz für rea­li­täts­fer­ne Phan­tas­te­rei­en, den­noch ermög­lich­te es die Schau, sich ein umfas­sen­des Bild von KI in Kunst, Design und Archi­tek­tur zu machen.

Aus den Hochschulen 

An der Hoch­schu­le in Bochum ging man einen Schritt wei­ter ins Prak­ti­sche. Dort wur­de im Mas­ter­stu­di­en­gang Archi­tek­tur Media Manage­ment (Prof. Jan R. Krau­se) nach dem Poten­zi­al von KI für Archi­tek­tur und Fas­sa­den­pla­nung geforscht. Auf­ga­be war, von einer Bild-KI mit­tels eines kon­zep­tio­nel­len Brie­fings einen Archi­tek­tur­ent­wurf erstel­len zu las­sen, ihn nach­zu­schär­fen und ihn dann von einer Text-KI in drei Ver­sio­nen beschrei­ben zu las­sen: als Erläu­te­rungs­be­richt, als pro­fes­sio­nel­le Pres­se­mit­tei­lung, als Gedicht.

Die Ergeb­nis­se kön­nen sich alle­samt sehen las­sen – aber auch mehr? Ein moder­nes Haus an der iri­schen Steil­küs­te wird zum spek­ta­ku­lä­ren Eye­cat­cher, auf den ein nor­ma­les Archi­tek­ten­hirn wohl nicht kom­men wür­de. Wie aber lässt sich das sinn­voll kon­stru­ie­ren, bau­en, bewoh­nen? Steckt ein guter Grund­riss hin­ter der außer­ge­wöhn­li­chen, aus­ge­fal­le­nen Fas­sa­de? Inter­es­sant in die­sem Zusam­men­hang: Eine KI ist ja nur so gut wie die Daten, mit denen sie sich schult. Das bedeu­tet umge­kehrt, dass die­se for­ma­len Erup­tio­nen auch nur die Essenz bereits ein­mal von Men­schen erdach­ter Fan­ta­sien sind.

Beein­dru­ckend, sicher. Aber auch prak­ti­ka­bel? Ein iden­tisch gepromp­te­tes Hoch­haus ließ die KI – auch hier wur­de wie im Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Foto­de­sign Mid­jour­ney ver­wen­det – in Dubai völ­lig anders aus­se­hen als in den USA: Rund­lich monu­men­tal mit Sockel aus Solar­an­la­gen ver­sus tra­di­tio­nell recht­eckig – und mit begrün­ten Fas­sa­den. Gegen­sätz­li­cher geht es kaum. Fürs Head­quar­ter eines Leuch­ten­her­stel­lers schuf die KI spek­ta­ku­lär über fan­ta­sie­voll geform­te Fens­ter­flä­chen illu­mi­nier­te Nacht­dar­stel­lun­gen – und damit gleich noch Inspi­ra­tio­nen für das moder­ne Fir­men-Mar­ke­ting – oder wenn man so will: das Cor­po­ra­te Design.

Aus den Architekturbüros

Auch eini­ge prak­ti­zie­ren­de Archi­tek­ten beschäf­ti­gen sich schon mit KI und fra­gen dabei, wozu KI in der Archi­tek­tur eigent­lich zu gebrau­chen sein könnte.
So illus­trier­te etwa das Büro HENN auf einer gut besuch­ten Ver­an­stal­tung wäh­rend der letz­ten munich crea­ti­ve busi­ness week (mcbw), was man mit den neu­en Tools, außer Bil­dern, noch machen kann. Und das ist, die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Kund:innen zu ver­bes­sern. Denn eines der größ­ten Pro­ble­me der Architekt:innen lau­tet: Wie schaf­fe ich es, den Lai­en und Bauherr:innen die drei­di­men­sio­na­len Ideen (die bei den Architekt:innen ziem­lich rea­le Vor­stel­lun­gen her­vor­ru­fen, aber bei man­chen Entscheider:innen den Ein­druck von Luft­schlös­sern erwe­cken) haut­nah und anschau­lich nahezubringen.

Dazu die­nen, so die Referent:innen Wor­te und Bil­der, also genau das, womit auch künst­li­che Intel­li­gen­zen wie die soge­nann­ten Wort-zu-Bild KIs, etwa Dall E, Mid­jour­ney, Dream Stu­dio, Can­va, Mind­ver­se oder Neu­ro­flash ihr Werk ver­rich­ten. Prompt Manager:in oder Prompt Engi­neer wird zum neu­en Berufs­bild. Er oder sie brieft die Maschi­ne mit exak­ten kur­zen Beschrei­bun­gen. Je erfah­re­ner diese:r Prompter:in ist, je prä­zi­ser und kla­rer er/sie Wün­sche äußert, des­to bes­ser wer­den die Ergebnisse.

Die Auf­zeich­nung einer the­ma­tisch ähn­lich gela­ger­ten Ver­an­stal­tung von HENN ist hier verfügbar.

KI auf der mcbw

Das Büro HENN ließ etwa einen bestehen­den Innen­raum zur Nach­nut­zung bear­bei­ten. Gewünscht wur­den Vor­schlä­ge für unter­schied­li­che neue Funk­tio­nen des­sel­ben. Man woll­te etwa „unter der Kugel essen kön­nen“, „ein leb­haf­tes Kul­tur­fo­rum“ oder einen „Innen­raum: urban, grün, leb­haft“ schaf­fen lassen.

Mit den Ergeb­nis­sen war man mit Aus­nah­me des urba­nen Innen­raums nicht so recht zufrie­den, wobei die Initiator:innen gro­ßen Wert auf die Fest­stel­lung leg­ten, dass es sich bei ihren Erläu­te­run­gen um einen Zwi­schen­be­richt han­delt. Aber man hat schon mal die Pro­ble­me des KI-Ein­sat­zes für den Ent­wurf fest gemacht: Gene­ra­ti­ve KI inter­pre­tiert nicht was zu sehen ist, son­dern basiert auf Mus­tern. Sie macht kei­ne prä­zi­sen Aus­sa­gen, ihre Abs­trak­ti­ons­fä­hig­keit ist begrenzt. Sie ver­steht zudem kei­ne Nuan­cen und nimmt Din­ge sehr wörtlich.

Was die Maschi­ne nicht davon abhielt, im Zuge ihrer rasan­ten Krea­ti­on von Alter­na­ti­ven die ursprüng­li­che Raum­ge­stalt ein­fach zu ver­ges­sen – und (nach uner­gründ­li­chen, eige­nen Vor­stel­lun­gen) neu zu modellieren.

Das erin­nert an Schüler:innen, die eine frem­de Spra­che schon gut beherr­schen – und dann alle Voka­beln wie­der ver­ges­sen oder ver­wech­seln. Das ist beson­ders ärger­lich, weil es in die­sem Fall ja um die Erhal­tung der bestehen­den Gebäu­de­form ging – ein uner­schüt­ter­li­ches Ele­ment des ent­ste­hen­den Entwurfs.

Offen­sicht­lich ist die KI (noch) nicht in der Lage, Wesent­li­ches von Unwich­ti­gem zu unter­schei­den. Und sie ist – viel schlim­mer – ver­gess­li­cher als man­cher Mensch. Zudem hat man bei Henn die Arbeit mit der Maschi­ne – dort wur­de Mid­jour­ney benutzt – schon bald als ermü­dend emp­fun­den. Wozu also das Gan­ze? fragt man sich.

KI als Tool der archi­tek­to­ni­schen Kommunikation

Die Ant­wort ist ein­fa­cher als man glaubt. Hört man sich unter gut beauf­trag­ten Architekt:innen um, so erfährt man immer wie­der, dass man Bauherr:innen, Auftraggeber:innen nicht mehr so ein­fach mit den inzwi­schen weit ver­brei­te­ten Ren­de­rings beein­dru­cken kann. Was viel­leicht auch dran liegt, dass die­se traum­haf­ten zwei­di­men­sio­na­len Illu­sio­nen etwas vor­gau­keln, was in der spä­te­ren, fer­tig gebau­ten Rea­li­tät oft nicht so rich­tig ein­ge­hal­ten wird. Sprich: Ren­de­rings ent­täu­schen mit­un­ter die Erwartungen.

Ande­re berich­ten, dass man als Architekt:in sein Gegen­über heu­te oft wie­der viel kla­rer mit direkt wäh­rend einer Bespre­chung erstell­ten Skiz­zen über­zeu­gen und beein­dru­cken kann. Also mit einer Rol­le Skiz­zier­pa­pier und dem alt­her­ge­brach­ten, teils als anti­quiert belä­chel­ten soge­nann­ten 6B, einem wei­chen Gra­phit-Blei­stift. In die­sem Umfeld, so Andre­as Fuchs vom Büro Henn, könn­te die ein­ge­setz­te KI eine Rol­le als neu­es Infor­ma­ti­ons­tool erhal­ten, weil es so eben mög­lich ist, in Sekun­den­schnel­le aus den wört­lich geäu­ßer­ten Wün­schen der Kund:innen ein räum­lich wirk­sa­mes Bild her­bei­zu­zau­bern. Aber dazu muss das Gan­ze noch bes­ser werden.

Ande­re Ein­satz­mög­lich­kei­ten lie­ßen sich auf der mcbw-Ver­an­stal­tung der Design­Werk­schau mit dem Titel „Zukunfts­Werk­schau | XR.Factor#3“ eben­falls anschau­lich nach­voll­zie­hen. So zeig­te etwa San­dor Hor­vath, Exper­te für Indus­tri­al Meta­ver­se, Web 3.0, BIM und XR (exten­ded rea­li­ty), eine neu­ent­wi­ckel­te XR-Bril­le plus Con­trol­ler. Mit die­sen Gerä­ten las­sen sich Ein- und Umge­stal­tun­gen in bestehen­de Räu­me vir­tu­ell ein­zeich­nen. Man kann etwa eine Gale­rie – frei­lich nur mit vir­tu­el­len Lini­en und Schraf­fu­ren – in die bestehen­de Sub­stanz inte­grie­ren. So ist nicht nur die eige­ne Idee gut zu über­prü­fen, son­dern auch die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Kund:innen zu ver­bes­sern. Man kann die­sen sozu­sa­gen im „Meta­ver­se“ zei­gen, wie es nach dem Bau­en dann mal aus­se­hen wird.

Schaut man sich all die­se Expe­ri­men­te an, ist die Ent­wurfs­ar­beit der Architekt:innen vor­erst wohl nicht in Gefahr. KI kann im Pro­zess als Werk­zeug die­nen, aber (bis­lang noch) kei­ne rich­ti­gen, gül­ti­gen, guten Ent­schei­dun­gen tref­fen. Man­che spre­chen der KI auch das Raum­ge­fühl ab, das gute Archi­tek­tur eigent­lich aus­zeich­nen soll­te. Das heißt, dass sich dies­be­züg­lich die Fan­ta­sie­be­gab­ten Architekt:innen wei­ter­hin sel­ber bemü­hen dür­fen, soll­ten und müssen.

Prak­ti­ka­ble Tools für die Baupraxis

Auf ande­ren archi­tek­to­ni­schen und archi­tek­tur­na­hen Gebie­ten, bei denen nicht so sehr die krea­ti­ve Ent­schei­dungs­fä­hig­keit gefragt ist, sieht es jedoch schon ganz anders aus.

Bau­fir­men, die oft schwer erreich­bar sind, emp­feh­len sich Chat­bots, die rund um die Uhr mit Kund:innen kom­mu­ni­zie­ren kön­nen und so die Ser­vice­qua­li­tät ver­bes­sern. Sie kön­nen viel­leicht sogar Kund:innen gewin­nen oder jene hal­ten, die sich wegen Unsi­cher­heit nach einer Alter­na­ti­ve umschau­en wür­den. Chat­bots (wie etwa der von maja­AI für die Bau­bran­che ent­wi­ckel­te) kön­nen Anfra­gen ent­ge­gen­neh­men und sogar ers­te wich­ti­ge Schrit­te einleiten.

Auch bei der Digi­ta­li­sie­rung der Büro­ar­beit, etwa der Rech­nungs­stel­lung und der Ver­bu­chung von Ein­gangs- und Aus­gangs­be­le­gen, kann KI unter­stüt­zen. Kon­se­quent durch­ge­führt spart das Zeit, mini­miert Auf­wand und Kos­ten und sorgt für Ord­nung. Durchs stän­di­ge Dazu­ler­nen erkennt die Maschi­ne etwa schnell Lieferant:innen oder Kon­to­num­mern selbst­tä­tig. Und erle­digt das zu Erle­di­gen­de ohne mensch­li­che Hilfe.

Inter­es­sant ist auch die Kom­bi­na­ti­on von KI und BIM – Buil­ding Infor­ma­ti­on Mode­ling. BIM ist eine Arbeits­me­tho­de für die Ver­net­zung von Pla­nung, Bau und Bewirt­schaf­tung von Bau­wer­ken, ange­legt auf deren gesam­te Lebens­dau­er. Um den soge­nann­ten digi­ta­len Zwil­ling zu erstel­len, wer­den alle rele­van­ten Bau­werks­da­ten digi­tal model­liert, kom­bi­niert und erfasst. Jede Ände­rung über­trägt sich dann auto­ma­tisch auf das Gesamt­mo­dell, prüft Kol­li­sio­nen und ist allen Betei­lig­ten zugäng­lich. Der fort­schritt­li­che digi­ta­le Pro­zess sam­melt sämt­li­che für die Ver­wal­tung des gesam­ten Lebens­zy­klus eines Bau­werks erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen in einem ein­zi­gen Modell.

Spe­zia­list auf die­sem Gebiet ist etwa Schnitzer&, das Gra­ph­i­s­oft Cen­ter für Mün­chen, Ober‑, Nord- und Ost­bay­ern. Schnitzer& ver­fügt über jahr­zehn­te­lan­ge Erfah­rung und Wis­sen rund um Archi­cad, BIM­cloud, Soli­bri und wei­te­re BIM-Lösungen.

Beim Neu­bau set­zen sich die­se Metho­den immer mehr durch. Bei der Umpla­nung von Bestands­ge­bäu­den stieß die Nut­zung von BIM jedoch fürs Ers­te an Gren­zen, da man zuerst ein­mal die Bestands­da­ten der Bau­ten erhe­ben muss. Wer macht das? Wie feh­ler­haft ist so etwas?

Auch hier bie­ten sich inzwi­schen Lösun­gen mit KI an. Robo­ter sind in der Bau­in­dus­trie schon lan­ge im Ein­satz. Man kennt sie bei der Mon­ta­ge von Holz­stän­der- und Fach­werk-Kon­struk­tio­nen sowie Schal­ele­men­ten, oder auch bei der Pro­duk­ti­on von Beton­fer­tig­tei­len. Auch auf Bau­stel­len wer­den sie nun ein­ge­setzt, etwa fürs Auf­maß. Mauer‑, Schweiß- und Bohr­ro­bo­ter oder als 3D-Dru­cker set­zen die in den BIM- oder CAD-Model­len ein­ge­speis­ten Daten ruck­zuck ins Drei­di­men­sio­na­le um. Euro­pas größ­tes gedruck­tes Gebäu­de ent­steht gera­de in Hei­del­berg, der Bau­vor­gang dau­ert genau 140 Stun­den. Ist das die Zukunft der Architektur?

Auch smar­te Bau­ro­bo­ter gibt es, die Ver­mes­sun­gen in har­mo­ni­scher Zusam­men­ar­beit mit einer Droh­ne (BLK2FLY) aut­ark aus­füh­ren kön­nen – sogar in schwie­ri­gen Situa­tio­nen. Der Lauf­ro­bo­ter BLK ARC von Lei­ca Geo­sys­tems kann Trep­pen stei­gen und sich auf­stel­len. Sei­ne hun­de­ähn­li­che ani­ma­li­sche Gestalt dürf­te nicht gera­de zum Abbau von Befürch­tun­gen gegen­über den Gefah­ren der KI bei­tra­gen. Aber das ist ein ande­rer Schauplatz.

Zur Bau­über­wa­chung und Ver­mes­sung kann auch der Robo Spot von Bos­ton Dyna­mics ein­ge­setzt wer­den. Der schafft auf vier Bei­nen ohne fes­tes Schuh­werk sogar unweg­sa­mes Gelän­de – also Matsch in Kies­gru­be – und tritt ger­ne viel­sei­tig, etwa mit 3D-Laser­scan­ner und einem Greif­arm in Akti­on. Das KI-basier­te Video­sys­tem Avio­tech (Bosch) erkennt Flam­men und Rauch und alar­miert dann die Zen­tra­le. Und über einem Bau­grund­stück flie­gen­de Droh­nen kön­nen zu mehr Sicher­heit auf unfall­ge­fähr­de­ten Bau­stel­len bei­tra­gen. Sie erken­nen bei­spiels­wei­se, wenn jemand kei­nen Helm trägt. Nicht erken­nen kann die KI, ob mit dem Abset­zen des Bau­helms über­ge­ord­ne­te Zie­le ver­folgt wur­den, etwa die Ver­mei­dung eines Hitz­schlags. Die Maschi­ne schlägt ein­fach Alarm.

Auch für städ­te­bau­li­che Ent­wür­fe und bei Fra­gen zum Bau­recht lässt sich KI gewinn­brin­gend ein­set­zen. Die von den Münch­ner Brück­ner Archi­tek­ten mit­ent­wi­ckel­te Soft­ware Pro­per­ty­max hilft dabei, maxi­ma­les Bau­recht für ein Grund­stück aus­zu­schöp­fen – und zwar ohne spä­te­re geneh­mi­gungs­recht­li­che Trick­se­rei­en. Für ein aus­ge­wähl­tes Bei­spiel-Are­al hat die KI tau­sen­de bau­recht­lich erlaub­te Bebau­ungs­va­ri­an­ten erstellt und auf Lärm und Belich­tung hin bewer­tet. So konn­ten – Anga­ben zufol­ge – gegen­über tra­di­tio­nel­len Architekt:innen-Methoden über 40 Pro­zent mehr Geschoss­flä­che aus­ge­wie­sen wer­den. Die Immo­bi­li­en­bran­che dürf­te über so ein Tool hoch erfreut sein. Auch da, wo man es zunächst nicht ver­mu­ten wür­de, bril­liert KI. So kön­nen in kon­struk­ti­ven Design-Pro­zes­sen mit Hil­fe von spe­zi­el­len KIs teils deut­lich sta­bi­le­re und dabei auch noch mate­ri­al­spa­ren­de Ver­sio­nen ent­wi­ckelt werden.

Auch inter­es­sant ist Eski­mo, ein For­schungs­pro­jekt zur Qua­li­täts­si­che­rung. Die KI ent­deckt zum Bei­spiel Beschä­di­gun­gen, Ver­fär­bun­gen, falsch ein­ge­bau­te oder gar feh­len­de Bau­tei­le. Auch Lager­plät­ze und Anlie­fer­we­ge kön­nen opti­mal auf­ein­an­der abge­stimmt wer­den. Das bedeu­tet nicht zuletzt, dass Abläu­fe auf Bau­stel­len rei­bungs­los und ohne gegen­sei­ti­ge Stö­run­gen ver­schie­de­ner Gewer­ke koor­di­niert wer­den kön­nen. Dabei hilft dann auch ein Tool für die Risi­ko­vor­her­sa­ge, denn trotz bes­ter Vor­aus­pla­nun­gen sind Ver­zö­ge­run­gen durch Unfäl­le und Ähn­li­ches oft nicht zu verhindern.

Eben­so bemer­kens­wert: Eine kauf­män­ni­sche Qua­li­täts­si­che­rung wie etwa die schwei­ze­ri­sche KI Keeva­lue könn­te dafür sor­gen, dass dro­hen­de Kos­ten­ex­plo­sio­nen – eigent­lich fast der Nor­mal­fall bei grö­ße­ren Bau­vor­ha­ben – wenn nicht ver­hin­dert so doch früh­zei­tig erkannt wer­den kön­nen, um dann gegenzusteuern.

Zusam­men­ge­nom­men ergibt sich fol­gen­des Bild zeit­ge­mä­ßer Digi­ta­li­sie­rung in Archi­tek­tur und Bau­we­sen: Zahl­rei­che her­vor­ra­gen­de Ein­zel­in­itia­ti­ven war­ten dar­auf, in bestehen­de Sys­te­me inte­griert zu wer­den. KI kann einen bedeu­ten­den Anteil an der Moder­ni­sie­rung der Bran­che leis­ten, wird aber so schnell die Entscheider:in Mensch nicht erset­zen können.

Joachim Goetz (Foto: Ralf Dombrowski)
Joa­chim Goetz (Foto: Ralf Dombrowski)

Der Autor Joa­chim Goetz stu­dier­te Archi­tek­tur in Mün­chen und Denver/Colorado mit Fächern wie Kunst- und Bau­his­to­rie, Skulp­tur, Foto­gra­fie, Aqua­rell, Land­schafts- und Pro­dukt­ge­stal­tung. Er arbei­te­te in Archi­tek­tur­bü­ros u. a. bei GMP, gewann Wett­be­wer­be mit Josef Götz und bau­te ein Haus mit Tho­mas Rös­sel und Heinz Fran­ke. Seit 1990 ist er haupt­be­ruf­lich als Autor tätig, war Redak­teur bei Bau­meis­ter und Wohn­De­sign. Publi­ka­tio­nen erfolg­ten in natio­na­len und inter­na­tio­na­len Tages‑, Publikums‑, Kunst- und Design-Zeit­schrif­ten wie SZ, Madame, AIT, Münch­ner Feuil­le­ton, AZ oder Design Report. Inter­views ent­stan­den – etwa mit Etto­re Sott­s­ass, Gün­ter Beh­nisch, Ales­san­dro Men­di­ni, Zaha Hadid, James Dys­on, Jen­ny Hol­zer, Wal­ter Nie­der­mayr oder Dani­el Libes­kind. Zudem arbei­te­te er für Unter­neh­men wie Sied­le, Phoe­nix Design, Hyve. Für Sedus wirk­te er mit­ver­ant­wort­lich an der ers­ten digi­ta­len Archi­tek­tur­zeit­schrift a‑matter.com (1999–2004) sowie an der Kom­pe­tenz­zeit­schrift „Place2.5“ (2011–2014) mit. Für bay­ern design und die MCBW ist er immer wie­der als Autor tätig. Sei­ne Arbeit wur­de von der Bun­des­ar­chi­tek­ten­kam­mer mit einem Medi­en­preis für Archi­tek­tur und Stadt­pla­nung aus­ge­zeich­net. Außer­dem berät J. Goetz auch klei­ne­re Unter­neh­men enga­giert in spe­zi­el­len Design‑, Mar­ke­ting- und aus­ge­fal­le­nen Fragen.