10. März 2025

the future is a hoax

Food-Expe­ri­ence mit Mari­je Vogel­zang und dem Etz

Am Frei­tag, den 28. Febru­ar, lud bay­ern design zu einem beson­de­ren Event in die Kunst­hal­le Nürn­berg ein: Gemein­sam mit der nie­der­län­di­schen Food-Desi­gne­rin Mari­je Vogel­zang und dem Nürn­ber­ger Ster­ne­koch Felix Schnei­der vom Etz hat­ten wir ein ein­zig­ar­ti­ges Food-Event vorbereitet.

Wor­um ging es? Auf einem inter­ak­ti­ven Par­cours for­der­te Mari­je die Besucher:innen her­aus, sich inten­siv mit dem The­ma Zeit und den sinn­li­chen Wahr­neh­mun­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen – audi­tiv, visu­ell, hap­tisch und natür­lich auch gust­a­to­risch. Bei die­sem Medi-Tasting (ein Zusam­men­spiel von „Medi­ta­ti­on“ und „Tasting“) ging es weni­ger um die Gestal­tung der Lebens­mit­tel, son­dern viel­mehr um das The­ma Zeit am Bei­spiel von Essen. Bei The future is a hoax wur­den die Besu­chen­den Teil eines immersi­ven Erleb­nis­ses, das neue Zugän­ge zu den The­men Zeit und Essen eröff­ne­te. Mari­je und Felix inspi­rier­ten dazu, unse­re Sin­ne zu schär­fen, gewohn­te Mus­ter zu hin­ter­fra­gen und Essen aus der Per­spek­ti­ve des rich­ti­gen Augen­blicks zu betrach­ten. Dabei wur­den sie auch Teil eines ein­zig­ar­ti­gen Expe­ri­ence Designs, das spe­zi­ell für die­ses Event ent­wi­ckelt wurde.

Das aus­ge­buch­te Event fand in Zusam­men­ar­beit mit der Kunst­hal­le Nürn­berg aus Anlass der Finis­sa­ge der Aus­stel­lung Deli­ka­tes­sen. Zwi­schen Kunst und Küche statt.

Die nie­der­län­di­sche Food-Desi­gne­rin nahm die begeis­ter­ten Teil­neh­men­den in Form eines Medi-Tasting auf eine Rei­se durch Raum, Zeit und Sinn­lich­keit. Sie lud dazu ein sich auf das Hier und Jetzt ein­zu­las­sen – auf Kai­ros, wie die­ser beson­de­re Moment in der grie­chi­schen Mytho­lo­gie genannt wird. Im Gegen­satz zu Kro­nos, der für die gleich­mä­ßig und zugleich uner­bitt­lich ver­lau­fen­de Zeit steht, wird mit Kai­ros die gute Gele­gen­heit, also ein spe­zi­fi­scher Moment, ver­bun­den. Bei Kai­ros han­delt es davon, im rich­ti­gen Moment zu han­deln. Nicht zu früh. Aber auch nicht zu spät, denn die Zukunft ist ein Schwindel.

In Fün­fer-Grup­pen wur­den die Teil­neh­men­den nach­ein­an­der zu ver­schie­de­nen Sta­tio­nen im Foy­er der Kunst­hal­le geführt. Dabei hat­ten sie Kopf­hö­rer auf, die sie einer­seits von der Umwelt iso­lier­ten und ande­rer­seits an der Hand nah­men und durch das Medi-Tasting führ­ten. Rück­wärts und ledig­lich durch ein Band mit dem Vor­der­mann oder der Vor­der­frau ver­bun­den näher­ten sich die ein­zel­nen Grup­pen einer ers­ten Sta­ti­on: Einem gro­ßen Tisch mit unzäh­li­gen von Mari­je und ihrem Team hand­ge­fer­tig­ten Por­zel­lan­scha­len, in denen von oben Eis­was­ser tropf­te. Jeder Trop­fen stand für den bewusst wahr­ge­nom­men Augenblick:

„Jeder Trop­fen ist ein Moment, der ins Hier und Jetzt fällt.“ 

Mari­jes Stim­me for­der­te dazu auf, eine der Scha­len aus­zu­wäh­len, ihre Unvoll­kom­men­heit bewusst zu erle­ben und ihr einen per­sön­li­chen Namen zu geben.

Mit den Scha­len in der Hand wur­den die Besu­chen­den in die Aro­ma­bi­blio­thek des etz geführt. Zahl­rei­che Gewür­ze, Früch­te und Gemü­se, im rich­ti­gen Augen­blick vom etz-Team geern­tet und in Glä­sern kon­ser­viert, gaben Ein­blick in die Arbeits­wei­se des Teams um Ster­ne­koch Felix Schnei­der – die Zeit ein­fa­che Pflan­zen in etwas Rei­ches und Kom­ple­xes ver­wan­deln zu las­sen und so den beson­de­ren Augen­blick zu kon­ser­vie­ren. Die­se Zuta­ten wur­den nicht über­eilt ver­ar­bei­tet. Sie wur­den zum rich­ti­gen Zeit­punkt geern­tet und konn­ten rei­fen. Felix geht fast täg­lich in den Wald auf die Suche nach die­sen Zuta­ten. Wenn er im Wald unter­wegs ist, ist er bei Kai­ros. Sie gehen Hand in Hand. Wie bei Kai­ros wur­den die Zuta­ten im rich­ti­gen Augen­blick „am Schopf“ gepackt.

Im Anschluss beka­men die Gäs­te die Mög­lich­keit, 16 aus­ge­wähl­te Aro­men zu ver­kos­ten. Vor ihnen lag eine Kar­te mit der Abfol­ge für die Ver­kos­tung. Jeder Bis­sen erzähl­te eine Geschich­te über Zeit. Mari­jes und Felix for­der­ten dazu auf jede Kost­pro­be zu füh­len, zu rie­chen sowie zu schme­cken und dabei nicht zu urtei­len. Denn es gibt kein „gut“ oder „schlecht“ und Urtei­len been­de die Neu­gier, so die Stim­me im Ohr.

Mehrere Personen arbeiten an einem Tisch und bereiten Lebensmittel vor.
Felix Schneider und sein Team vom Etz im Einsatz. Foto: Sebastian Lock
Zum Ende des Parcours sprechen die zerbrochenen Schalen für sich selbst: The future is a hoax! Foto: Sebastian Lock

Abschlie­ßend wur­de die Grup­pe in einen Sei­ten­raum geführt und auf­ge­for­dert ihre Schüs­seln bewusst zu spü­len. Im Zen-Bud­dhis­mus ist der Abwasch eine medi­ta­ti­ve Tech­nik. Es ist die Kunst der voll­stän­di­gen Auf­merk­sam­keit. Mari­je nahm die noch feuch­ten Schüs­seln den ein­zel­nen Gäs­ten ab und ließ sie Stück für Stück, zum Ent­set­zen der Gäs­te, auf den Boden fal­len. Denn der Augen­blick ist flüch­tig und nicht von Dau­er. Über die Scher­ben der eige­nen Schüs­sels tre­tend ver­lie­ßen die Teil­neh­men­den wie­der den Sei­ten­raum. Hier ende­te auch der Rundgang.

Im Anschluss wur­den die Gäs­te in die Aus­stel­lung geführt und zu einem Getränk ein­ge­la­den. Die zahl­rei­chen Teil­neh­men­den nutz­ten die Gele­gen­heit, um das Erleb­te Revue pas­sie­ren zu las­sen und begeis­tert mit ande­ren im Gespräch zu tei­len. Zum Schluss stie­ßen noch die Teams um Mari­je und Felix dazu und wur­den mit lang­an­hal­ten­dem Applaus empfangen.

Was bleibt? Eine begeis­tern­de Erfah­rung zwi­schen Design und Kunst sowie Respekt vor dem Augenblick.

Gemein­sam mit Felix und Mari­je haben wir ein außer­ge­wöhn­li­ches Event auf die Bei­ne gestellt!

etz  

etz ist ein Restau­rant und eine Hal­tung. etz wird getra­gen von einer Kul­tur der Wert­schät­zung. Für die Din­ge, die eige­nen Wur­zeln, den Augen­blick. etz ent­deckt die ver­bor­ge­nen Tie­fen im All­täg­li­chen und ver­än­dert die Wahr­neh­mung. etz ist kuli­na­ri­sche Acht­sam­keit. Jeden ein­zel­nen Moment. 

Kunst­hal­le Nürn­berg 

Deli­ka­tes­sen. Zwi­schen Kunst und Küche ist Titel einer aktu­el­len Son­der­aus­stel­lung, die bis zum 2. März in der Kunst­hal­le zu sehen ist. Dabei wer­den Lebens­mit­tel nicht nur zur blo­ßen Befrie­di­gung eines Grund­be­dürf­nis­ses ver­stan­den, son­dern eben auch als ein kul­tu­rel­les Phä­no­men und poli­ti­sches State­ment. 

Mar­jie und Felix stel­len sich vor

Portrait of the designer Marije Vogelzang
Mari­je Vogelzang

Mari­je Vogel­zang ist eine inter­na­tio­nal renom­mier­te Desi­gne­rin und Red­ne­rin, die sich ganz dem The­ma Food Design ver­schrie­ben hat. Ihre Arbei­ten wur­den u.a. im Tokyo Metro­po­li­tan Art Muse­um und im Coo­per Hewitt Smit­h­so­ni­an in New York aus­ge­stellt. Sie hält regel­mä­ßig Vor­trä­ge auf inter­na­tio­na­len Büh­nen, wo sie die Über­schnei­dun­gen von Lebens­mit­teln, Krea­ti­vi­tät und mensch­li­cher Erfah­rung erforscht. Mari­je ist außer­dem Autorin, zuletzt ist “Lick It: Chall­enge the Way We Expe­ri­ence Food” erschei­nen. Der­zeit ist sie Pro­jekt­pro­fes­so­rin an der Kunst­hoch­schu­le Kas­sel. 

Portrait of chef Felix Schneider in the kitchen of his restaurant.
Felix Schnei­der

Felix Schnei­der ist ein viel­fach aus­ge­zeich­ne­ter Koch und Inha­ber des Nürn­ber­ger Restau­rant Etz, das seit März 2022 zwei Miche­lin Ster­ne führt. Zuvor war er Küchen­chef im Restau­rant Sosein in Herolds­berg, das eben­falls mit Ster­nen deko­riert wur­de. 2020 wur­de er vom Gour­met­ma­ga­zin „Der Fein­schme­cker“ als Koch des Jah­res aus­ge­zeich­net. Schnei­der setzt auf regio­na­le und sai­so­na­le Zuta­ten, die er oft selbst anbaut, denn Wert­schät­zung gegen­über der Regi­on, ihren Men­schen und ihren Pro­duk­ten ste­hen bei ihm Mit­tel­punkt.