Der mcbw summit 2025 ist ein echtes Highlight auf der munich creative business week – ein Ort, an dem Designer:innen, Macher:innen und Denker:innen von überall her zusammenkommen, um die zentrale Frage zu diskutieren: „How to design a vibrant community?“ Was braucht es, damit Gemeinschaften wachsen und lebendig bleiben – und wie kann Gestaltung diesen Prozess unterstützen, im Kleinen wie im Großen?
Mit 25 Speaker:innen aus über 10 Nationen und einem ausverkauften Saal mit über 300 Teilnehmer:innen wurde deutlich: Das Thema geht uns alle etwas an, denn der Wunsch nach gesellschaftlichem Zusammenhalt und zukunftsfähigem Design ist größer denn je. Und um diese Herausforderungen zu diskutieren ist der mcbw design summit 2025 in München – dem „Kraftzentrum der Kultur- und Kreativwirtschaft“ (Dr. Christian Scharpf, Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt München) – der prädestinierte Ort.
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Design gestaltet mehr als Produkte – es formt unsere Gesellschaft
Ob in digitalen Anwendungen, im öffentlichen Raum, in der Architektur oder am Arbeitsplatz: Design beeinflusst, wie wir leben, kommunizieren und teilhaben. Es ist Teil sozialer Systeme – mit weitreichenden Konsequenzen, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Genau hier setzt die Konferenz an: Design soll nicht zufällig, sondern bewusst und verantwortungsvoll geschehen.
Design und Gesellschaft gehören untrennbar zusammen. Jedes Produkt, jeder Service wirkt sich auf Menschen aus – in der Produktion, bei der Nutzung und auch danach. Gutes Design denkt alle diese sozialen Folgen mit und sucht die Balance zwischen persönlicher Freiheit und dem Wohl der Gemeinschaft. Eine lebendige Gemeinschaft entsteht dann, wenn Neugier, Empathie und Offenheit den Gestaltungsprozess leiten.
BEDA – das ist der Dachverband europäischer Designorganisationen. Dieses Jahr waren unsere Kolleg:innen aus Dänemark, Island, Spanien und der Türkei mit dabei und sie haben Themen mitgebracht, die uns alle etwas angehen: Wie baut man eine Stadt nach Flut oder Erdbeben wieder auf? Wie schützt man Siedlungen vor vulkanischer Aktivitäten? Und vor allem: Wie hilft man als Designer:in bei dieser Arbeit der Gemeinschaft am besten? Furkan Demirci vom Türkiye Design Council hat beim Wiederaufbau der Stadt Antakya geholfen, die 2023 durch ein Erdbeben schwer verwüstet wurde. Er erinnert an die Rolle, die Designer:innen dabei einnehmen sollten: „As designers you should listen more than talk. Because building trust is the key to being able to build communities.“ Das BEDA-Panel zeigt aber auch eindrucksvoll: Überall auf der Welt entstehen vibrant communities durch unterschiedlichste Projekte.
Design für vibrant communities hat viele Gesichter
Vorab haben wir unsere Community nach Projekten für eine lebendige Gemeinschaft gefragt. Die Resonanz war groß: Über 80 Einreichungen – sechs davon wurden auf der Bühne vorgestellt. In der Session wurde sichtbar, wie vielfältig eine vibrant community sein kann: von Architektur gegen Überhitzung von Innenstädten über Projekte gegen Einsamkeit nach der Pandemie bis hin zu einer symbolträchtigen One World Flag als Zeichen globaler Zusammengehörigkeit. Die Herausforderungen der Gegenwart sind ebenso zahlreich wie die Lösungen, die hier für vorgestellt wurden.
Shaping Togetherness: design makes people cooperate
Carsten Waldeck, Gründer von SHIFT, zeigte am Beispiel seines modular aufgebauten Shiftphone, wie Design konkret Verantwortung für Umwelt, Wirtschaft und Soziales übernehmen kann. Sein Ansatz: Elektroschrott vermeiden, durch Produkte, die einfach zu reparieren sind und lange halten. Dahinter steht nicht nur ein nachhaltiges Geschäftsmodell, sondern auch eine Haltung: Wertschätzung für Dinge und Menschen. Eine Haltung, die bei SHIFT das gesamte Unternehmen prägt – im Umgang mit Ressourcen ebenso wie mit den Mitarbeitenden.
Ezio Manzini, Präsident des DESIS Network und einer der führenden Köpfe im Bereich Social Design, brachte eine zentrale Botschaft mit: Eine Gemeinschaft lässt sich nicht direkt gestalten – aber die Bedingungen dafür schon. Ausgangspunkt seiner Überlegung ist die Einsamkeit als soziale Herausforderung, die eben nicht nur ein psychologisches Problem ist, sondern daraus resultiert, wie wir unsere Gesellschaft organisieren. Er betonte, dass klassische Gemeinschaften wie Dörfer oder Nachbarschaften schwinden, und wir als Gesellschaft neue Wege finden müssen, wie Menschen wieder zueinander finden. Design kann dabei helfen, Räume zu schaffen, in denen sich Menschen sicher fühlen, sich öffnen können und Vertrauen entsteht. Für Manzini ist Design kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug für gesellschaftlichen Wandel – eines, das allerdings immer die Freiheit des Einzelnen respektieren muss. Ein:e Designer:in, so Manzini, regt mit der Arbeit nicht nur zur Debatte an, sondern muss neben Effizienz auch eine Distanz zum Eigenen einnehmen und dieses kritisch reflektieren. Übrigens: Im Vorfeld zur mcbw hat Manzini eine Podcast-Folge zum Thema „Small, open, local and connected“ eingesprochen. Die Folge gibt es hier!
Inspiring Empathy: design points out the human factor
Kim Dabbs, Global Vice President für ESG und Social Innovation bei Steelcase, sprach über die Bedeutung von Empathie am Arbeitsplatz. Sie machte deutlich: Wer sich in seinem Arbeitsumfeld nicht zugehörig fühlt, kann sein Potenzial kaum entfalten. Inklusive Gestaltung ist deshalb kein „nice to have“, sondern eine zentrale Voraussetzung für Innovation und Zusammenarbeit. Design, so Dabbs, hat die Kraft, Arbeitskulturen zu verändern, umso mehr Zugehörigkeit, Offenheit und Teilhabe zu ermöglichen.
Alona Kharchenko, Mitgründerin und CTO von Devanthro, nimmt sich dem Pflegenotstand an. Sie denkt Pflege neu – mit Hilfe von Technologie, aber ohne den Menschen aus dem Blick zu verlieren. Ihr Team entwickelt Pflegeroboter, die nicht nur unterstützen, sondern auch Empathie auslösen können. Ihr Ziel ist eine Pflege, in der Nähe, Würde und Mitgefühl trotz technischer Assistenz spürbar bleiben. Der technologische Fortschritt wird dabei nicht zum Ersatz, sondern zum Werkzeug, um menschliche Beziehungen in der Pflege zu stärken.
Opening Minds: design awakens curiosity
Die Designerin Ana Relvão zeigte anhand alltäglicher Produkte wie Küchensysteme (für J*Gast) oder einer Kaffeemaschine (für Ligre), wie weit man mit Neugier im Design vorankommen kann. Für sie beginnt Innovation nicht mit Hightech, sondern mit offenen Fragen und dem Mut, Dinge anders zu denken. Ihr Beitrag erinnerte daran, dass auch im Kleinen großes Potenzial steckt – wenn man bereit ist, Gewohntes zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Eine Podcast-Folge, die Ana Relvão eingesprochen hat, gibt es hier.
Für Tim Brown gibt es kein Design ohne Neugier. Brown, Vordenker des Design Thinking und langjähriger CEO von IDEO, rief dazu auf, Design bewusster und verantwortungsvoller einzusetzen. Seine Vision: Design als Ermöglichung – nicht nur von Produkten, sondern von gesellschaftlichem Wandel. Am Beispiel eines „Ministry of Possibilities“ (Design Palmwood) in Dubai zeigte er, wie spielerisches Denken, Vertrauen und Neugier helfen können, neue Wege für ganze Gesellschaften zu entwerfen. Für Brown ist klar: Gutes Design beginnt mit der richtigen Frage – und der Bereitschaft, Menschen aktiv einzubeziehen. Gerade in einem spielerischen Umgang mit Herausforderungen sieht Brown eine große Chance.
Was bleibt vom mcbw summit 2025?
Design geschieht nie im luftleeren Raum – es wirkt immer in soziale Systeme hinein. Deshalb müssen wir es ständig hinterfragen: von der ersten Idee bis weit über die Nutzung hinaus. Wer gestaltet, trägt Verantwortung für das, was entsteht, und für das, was es bewirkt. Diese Verantwortung ist vielfältig, manchmal unsichtbar und oft nicht planbar. Aber sie beginnt mit einem einfachen Prinzip: sich der Verantwortung des eigenen Schaffens bewusst zu sein und dieses für die Gemeinschaft einzusetzen. Gestaltung ist also weit mehr ist als ein kreativer Prozess, denn sie ist ein gesellschaftlicher Auftrag. Und sie ist nur dann zukunftsfähig, wenn sie sich als Teil eines lebendigen Miteinanders versteht. Jeder Gestaltungsakt lädt ein, die Welt besser zu machen – gehen wir es an!
Dank an unsere Gäste – ihr habt den summit einzigartig gemacht!
Furkan Demirci, Kike Correcher, Halla Helgadóttir, Christina Melander, Chu-Yi Vuong, Oliver Ristau, Regina Hanke, Igor Brncic, Thorsten Habermann, Thomas Mandl, Nila Rezaei, Christopher Krainer, Ezio Manzini, Carsten Waldeck, Kim Dabbs, Alona Kharchenko, Ana Relvão, Tim Brown sowie unser Moderatorenteam Leonhard Nima, Anna Wörner, und Francesca Terzi.