8. Juli 2025

Öko­de­sign-Richt­li­ni­en der EU

von Sarah Dorkenwald

Neue Öko­de­sign-Stan­dards

Die EU-Mit­glied­staa­ten haben am 22.12.2023 die neue Öko­de­sign-Ver­ord­nung beschlos­sen. Mit ihr sol­len künf­tig nur noch ener­gie­ef­fi­zi­en­te Pro­duk­te auf den Bin­nen­markt kom­men, die res­sour­cen­spa­rend her­ge­stellt wur­den, sowie lang­le­big und repa­rier­bar sind. Fre­de­ri­ke Kint­scher-Schmidt, Prä­si­den­tin des Ver­bands Deut­scher Indus­trie Desi­gner e.V. (VDID) und Mat­thi­as Nirschl, stell­ver­tre­ten­der Regio­nal­grup­pen­vor­sit­zen­der des VDID in Bay­ern geben nun Ein­bli­cke in die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen einer durch EU-Richt­li­ni­en und Ver­ord­nun­gen regu­lier­ten nach­hal­ti­gen Produktgestaltung.

Ein ein­heit­li­ches Regel­werk für neue Produktgruppen

Seit 2005 gab es in Deutsch­land die Öko­de­sign-Richt­li­nie, die regel­mä­ßig erwei­tert wur­de und nun von der neu­en ver­bind­li­chen EU-Ver­ord­nung abge­löst wird, der „Eco-Design for Sus­tainable Pro­ducts Regu­la­ti­on“ (ESPR), die seit dem 18. Juli 2024 gilt. Die­se Ver­ord­nung ersetzt frü­he­re Richt­li­ni­en und soll künf­tig für alle EU-Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tend sein. Die Umset­zung ist aller­dings noch nicht abge­schlos­sen, da vie­le Rege­lun­gen noch kon­kre­ti­siert wer­den müs­sen. Bis­her hat­ten sich Prüf­pro­zes­se vor allem für Elek­tro­ge­rä­te über Zer­ti­fi­zie­run­gen wie das CE-Kenn­zei­chen durch­ge­setzt. Die­se ste­hen jedoch kaum in Ver­bin­dung mit Öko­de­sign-Vor­ga­ben. Das soll sich nun ändern in dem neue Pro­dukt­grup­pen wie Tex­ti­li­en, Spiel­zeug oder Möbel bei der EU-Ver­ord­nung hin­zu­ge­fügt wer­den. 25 Gre­mi­en befas­sen sich momen­tan auf euro­päi­scher Ebe­ne mit der Nor­mie­rung von Eco-Design.

Kreis­lauf­wirt­schaft als Schlüsselrolle
Eine Schlüs­sel­rol­le nimmt dabei die Kreis­lauf­wirt­schaft ein. Die­ser Wan­del ist nicht nur poli­tisch initi­iert, son­dern auch wirt­schaft­lich wie öko­lo­gisch not­wen­dig – und kann nur gelin­gen, wenn Unter­neh­men, Designer:innen und Prüf­in­sti­tu­tio­nen gemein­sam an einem Strang zie­hen. In ers­ter Linie geht es dar­um, Pro­duk­te lang­le­bi­ger zu machen. Die The­men Wie­der­ver­wen­dung und Repa­ra­tur spie­len dabei eine Rol­le, aber auch Recy­cling, Funk­ti­ons­be­stän­dig­keit, Zuver­läs­sig­keit, Repa­rier­bar­keit, Nach­rüst­bar­keit. Über eine Gesetz­ge­bung ver­sucht man der Kreis­lauf­wirt­schaft mehr Kraft zu geben. Ab die­sem Jahr sind nun zir­ku­lä­re Prak­ti­ken für bestimm­te Pro­dukt­grup­pen inner­halb der EU erfor­der­lich und ver­än­dern die Anfor­de­run­gen an den Ent­wurf, die Produktentwicklung‑, her­stel­lung und Vertrieb.

„Die Gesetz­ge­bung darf daher nicht als rei­ne Büro­kra­tie abge­tan wer­den, son­dern soll­te als Chan­ce begrif­fen wer­den, um Inno­va­tio­nen zu för­dern und nach­hal­ti­ge Ent­wick­lun­gen zu ermög­li­chen.“ – Sarah Dorkenwald

Mehr Qua­li­tät statt Quantität
Einig sind sich Fre­de­ri­ke Kint­scher-Schmidt und Mat­thi­as Nirschl (bei­de VDID) dar­in, dass Pro­duk­te nach­hal­ti­ger wer­den sol­len, ohne teu­rer für euro­päi­sche Hersteller:innen oder Verbraucher:innen zu wer­den. Ein ein­heit­li­ches Regel­werk kann hel­fen, dass qua­li­ta­tiv bes­se­re Pro­duk­te ent­ste­hen und min­der­wer­ti­ge vom Markt ver­schwin­den. Beson­ders inno­va­ti­ve Pro­duk­te und Pro­dukt­sys­te­me brau­chen einen kla­ren recht­li­chen Rah­men, um die­se in die Pra­xis umzu­set­zen. Die Gesetz­ge­bung darf daher nicht als rei­ne Büro­kra­tie abge­tan wer­den, son­dern soll­te als Chan­ce begrif­fen wer­den, um Inno­va­tio­nen zu för­dern und nach­hal­ti­ge Ent­wick­lun­gen zu ermög­li­chen. Aber nicht immer ist es für Unter­neh­men leicht, die Anfor­de­run­gen zu erfül­len. Um öko­no­mi­sche, öko­lo­gi­sche und sozia­le Zie­le in Ein­klang zu brin­gen, ist eine enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen Designer:innen und Unter­neh­men von Beginn an wichtig.

Nut­zer­er­fah­run­gen hel­fen bei der Ent­wick­lung nut­zer­freund­li­cher Normen
Fre­de­ri­ke Kint­scher-Schmidt, die sich mit dem The­ma Res­sour­cen­knapp­heit als trans­for­ma­ti­ver Fak­tor im Pro­dukt­de­sign beschäf­tigt, ver­weist auf For­schungs­da­ten zu Nut­zer­er­fah­run­gen und Nut­zungs­sze­na­ri­en, die wert­vol­le Ein­bli­cke bie­ten, wie ziel­füh­ren­de und pra­xis­na­he Ver­hal­tens­än­de­run­gen gestal­tet wer­den kön­nen. In der Pra­xis zeigt sich jedoch immer wie­der, dass bestehen­de Nor­men und regu­la­to­ri­sche Vor­ga­ben eine Umset­zung ent­spre­chen­der Ansät­ze erschwe­ren oder sogar verhindern.

Sie begrüßt eine EU-wei­te Har­mo­ni­sie­rung der Richt­li­ni­en und Ver­ord­nun­gen als mög­li­che Lösung, um Inno­va­ti­ons­frei­räu­me und Klar­heit für Hersteller:innen und Designer:innen zu schaf­fen und somit nicht nur eine nut­zer­freund­li­che und nach­hal­ti­ge Pro­dukt­ge­stal­tung zu gewähr­leis­ten, son­dern auch eine lang­fris­ti­ge Pla­nungs­si­cher­heit. Gleich­zei­tig betont sie: „Wenn Regu­la­ri­en zu theo­re­tisch und pra­xis­fern gestal­tet wer­den, kön­nen sie ein Hemm­schuh für Inno­va­tio­nen sein. Es soll­te immer mög­lich blei­ben, res­sour­cen­scho­nen­de­re und ener­gie­ef­fi­zi­en­te­re Alter­na­ti­ven umzu­set­zen, auch wenn sie for­mal nicht den Regu­la­ri­en entsprechen.“

„Die nach­hal­ti­ge Nut­zung moder­ner Gerä­te schei­tert Rege­lun­gen, die UX-Inno­va­tio­nen und damit ver­bun­de­ne bes­se­re Nut­zer­füh­rung behin­dern.“ – Fre­de­ri­ke Kintscher-Schmidt

Als Nega­tiv­bei­spiel nennt sie die Öko­de­sign-Anfor­de­run­gen an Haus­halts­wasch­ma­schi­nen. Der öko­lo­gisch effi­zi­en­te Eco-Wasch­gang wird ledig­lich von 3 Pro­zent der Endverbraucher:innen dau­er­haft genutzt. 97 Pro­zent wäh­len aktiv – aus Unver­ständ­nis der phy­si­ka­li­schen Zusam­men­hän­ge – ein ande­res Pro­gramm aus, was den Ener­gie­ver­brauch und CO₂-Aus­stoß unnö­tig erhöht. Die Ursa­chen hier­für lie­gen nicht nur am Wasch­vor­gang, son­dern auch im feh­len­den Wis­sen der Nutzer:innen: die restrik­ti­ven Design­vor­ga­ben und durch Regu­la­ri­en vor­ge­ge­be­nen Bezeich­nun­gen der Eco-Pro­gram­me füh­ren dazu, dass Betriebs­an­lei­tun­gen oft nicht ver­stan­den und Gerä­te wenig effi­zi­ent genutzt wer­den. Die nach­hal­ti­ge Nut­zung moder­ner Gerä­te schei­tert für Kint­scher-Schmidt an Rege­lun­gen, die UX-Inno­va­tio­nen und damit ver­bun­de­ne bes­se­re Nut­zer­füh­rung behindern.

Nach­hal­ti­ge Pro­dukt­ge­stal­tung am Bei­spiel eines Wegwerfproduktes
Mat­thi­as Nirschl, der neben sei­ner Tätig­keit für den VDID Mit­grün­der und Mana­ging Part­ner der Münch­ner Design­agen­tur Lumod ist, befasst sich mit der nach­hal­ti­gen Gestal­tung von indus­tri­el­len Nutz­fahr­zeu­gen sowie Medi­zin­tech­nik. Anhand eines vega­nen Schwan­ger­schafts­test für Phaeo­synt, der der­zeit noch kei­nen spe­zi­fi­schen Ecode­sign-Vor­ga­ben unter­liegt, zeigt er das Poten­zi­al auf, das sich ergibt, wenn nach­hal­ti­ge Prin­zi­pi­en auf frei­wil­li­ger Basis umge­setzt wer­den. Beim Schwan­ger­schafts­test han­de­le es sich um ein Weg­werf­pro­dukt, bei dem öko­lo­gi­sche Opti­mie­rung beson­ders her­aus­for­dernd, aber not­wen­dig sei, erklärt er. Das Design­team ana­ly­sier­te unter ande­rem Mate­ri­al­ver­brauch und Rück­führ­bar­keit unbe­nutz­ter Tests, redu­zier­te Kunst­stoff­an­tei­le und arbei­te­te mit Bio­kunst­stof­fen. Auf eine Bedruckung wur­de bei­spiels­wei­se ver­zich­tet, um die Rein­heit der Mate­ria­li­en zu erhal­ten. Neben Mate­ri­al­ein­spa­rung sei­en Ergo­no­mie und Usa­bi­li­ty zen­tra­le Nach­hal­tig­keits­fak­to­ren, betont Nirschl: Ein Pro­dukt, das feh­ler­frei funk­tio­niert und ange­nehm zu hand­ha­ben ist, wür­de effi­zi­en­ter genutzt – ein ent­schei­den­der Punkt bei medi­zi­ni­schen Ver­brauchs­pro­duk­ten. Ein Weg­werf­pro­dukt wie ein Schwan­ger­schafts­test ist trotz öko­lo­gi­scher Opti­mie­run­gen nicht per se nach­hal­tig – den­noch kann es sich durch intel­li­gen­te Design­ent­schei­dun­gen posi­tiv von der Kon­kur­renz abhe­ben und einen wich­ti­gen Bei­trag leis­ten. Nirschl betont, wie wich­tig es sei vor allem ins Machen zu kom­men und sich nicht auf der Suche nach der per­fek­ten Lösung, zu verlieren.

Abbildung zeigt einen Schwangerschaftstest.
Hey Mela, erster veganer Schwangerschaftstest von Phaeosynt. © Foto: Kevin Münkel
Abbildung zeigt einen Schwangerschaftstest mit einem Model.
Hey Mela, erster veganer Schwangerschaftstest von Phaeosynt. © Foto: Lumod Designagentur

„80 Pro­zent der nach­hal­tig­keits­re­le­van­ten Ent­schei­dun­gen wer­den im Design­pro­zess getrof­fen.“ – Sarah Dorkenwald

Nach­hal­tig­keit, Wirt­schaft­lich­keit und Design­ver­ant­wor­tung muss man zusam­men denken
Wie las­sen sich Nach­hal­tig­keits­aspek­te und wirt­schaft­li­che Rea­li­tä­ten mit­ein­an­der ver­knüpf­ten? Ent­schei­dend sei für Mat­thi­as Nirschl die Moti­va­ti­on hin­ter nach­hal­ti­gem Design: Ist sie rein gesetz­lich moti­viert oder auch stra­te­gisch und wirt­schaft­lich sinn­voll? Für Unter­neh­men stellt sich dabei häu­fig die Fra­ge, ob öko­lo­gi­sche Pro­duk­te teu­rer und damit weni­ger wett­be­werbs­fä­hig sind. Der Unter­neh­mer und Indus­trie­de­si­gner setzt hier auf ein Umden­ken im Ent­wick­lungs­pro­zess, denn 80 Pro­zent der nach­hal­tig­keits­re­le­van­ten Ent­schei­dun­gen wer­den im Design­pro­zess getrof­fen. „Durch pro­fes­sio­nel­les Design las­sen sich Pro­duk­ti­ons­kos­ten wirt­schaft­lich hal­ten oder sogar sen­ken, es braucht agi­le­re Pro­zes­se und mehr Kol­la­bo­ra­ti­on. Genau dafür sind Industriedesigner:innen aus­ge­bil­det, hier prag­ma­ti­sche Lösun­gen zu den­ken und vor allem auch pro­du­zier­ba­re, wirt­schaft­li­che Lösun­gen umzu­set­zen,“ erläu­tert Nirschl. Die Ver­ant­wor­tung der Designer:innen sieht er dar­in, wirt­schaft­lich trag­fä­hi­ge Pro­dukt­kon­zep­te zu ent­wi­ckeln, die Nach­hal­tig­keit mit Markt­gän­gig­keit ver­ei­nen. Intel­li­gen­tes Design müs­se für ihn somit nicht nur nach­hal­ti­ge Zie­le errei­chen, son­dern auch Kos­ten sen­ken – zum Bei­spiel durch Materialeinsparung.

Kom­mu­nal­fahr­zeug als Bei­spiel für nach­hal­ti­ge und wirt­schaft­li­che Produktentwicklung
Wie das gehen kann, zeigt Mat­thi­as Nirschl anhand der Ent­wick­lung einer Pro­dukt­rei­he eines kom­mu­na­len Gerä­te­trä­gers mit ver­schie­de­nen Auf­ga­ben wie Grün­pfle­ge oder Schnee­räu­mung, auf, die 2024 für den Bun­des­preis Ecode­sign nomi­niert wur­de. Sein Unter­neh­men Lumod setz­te dabei auf die Modu­la­ri­tät der Fahr­zeu­ge als eine wei­te­re Mög­lich­keit, um Kos­ten­ein­spa­rung und Nach­hal­tig­keit sinn­voll mit­ein­an­der zu verknüpfen.

Der Fahr­zeug­her­stel­ler arbei­te­te in Manu­fak­tur­fer­ti­gung und hat­te zuvor zwei sepa­ra­te Fahr­zeug­grö­ßen im Ange­bot. Die Design­auf­ga­be bestand dar­in, die Pro­duk­ti­on wirt­schaft­lich effi­zi­en­ter zu gestal­ten und so zu opti­mie­ren, dass eine künf­ti­ge Fließ­band­fer­ti­gung bei Unter­neh­mens­wachs­tum gleich mit­ge­dacht wird. Die Lösung: ein modu­la­res Sys­tem mit hoher Tei­le­gleich­heit, das sowohl öko­lo­gi­sche als auch wirt­schaft­li­che Vor­tei­le bringt. Ein gutes Bei­spiel dafür, wie eng wirt­schaft­li­che Anfor­de­run­gen mit nach­hal­ti­gen Design­prin­zi­pi­en wie Modu­la­ri­tät, Lang­le­big­keit und Res­sour­cen­ef­fi­zi­enz ver­wo­ben sind. Auch hier zeigt sich, dass vie­le öko­lo­gisch sinn­vol­le Lösun­gen zunächst aus betriebs­wirt­schaft­li­chen Über­le­gun­gen ent­ste­hen – was die Bedeu­tung stra­te­gi­scher Design­pro­zes­se unterstreicht.

Das Foto zeigt ein Schneeräumfahrzeug im Einsatz.
HANSA APZ 1003 Serie. © Foto: HANSA Maschinenbau
Abbildung zeigt einen Kipplader.
HANSA APZ1003 © Foto: HANSA Maschinenbau

„Designer:innen müss­ten zuneh­mend in die unter­neh­me­ri­sche Stra­te­gie ein­ge­bun­den sein.“ – Frie­de­ri­ke Kint­scher-Schmidt hervor.

Eine nach­hal­ti­ge und zir­ku­lä­re Pro­dukt­ent­wick­lung als Chan­ce für neue Geschäftsmodelle
Somit hat nach­hal­ti­ges Design nicht nur die Auf­ga­be ästhe­ti­sche oder funk­tio­na­le Zie­le zu ver­fol­gen, son­dern gemein­sam mit dem Kun­den an wirt­schaft­li­chen Ziel­set­zun­gen und der Ent­kopp­lung der Wert­schöp­fung vom Res­sour­cen­ver­brauch zu arbei­ten. Designer:innen müss­ten zuneh­mend in die unter­neh­me­ri­sche Stra­te­gie ein­ge­bun­den sein, hebt Friede­ri­ke Kint­scher-Schmidt her­vor. Sie sieht dar­in eine zen­tra­le Her­aus­for­de­rung für das zeit­ge­nös­si­sche Indus­trie­de­sign und auch eine Chan­ce: nach­hal­ti­ge Pro­dukt­ent­wick­lung müs­se auf einem Ver­ständ­nis für unter­schied­li­che Geschäfts­mo­del­le basie­ren und nicht nur einen mora­li­schen Anspruch erheben.

Lang­le­big­keit als ein Fak­tor für eine sinn­vol­le Kreislaufwirtschaft
Mat­thi­as Nirschl unter­streicht das sofort. Bei sei­nem Bei­spiel der Gestal­tung der Kom­mu­nal­fahr­zeu­ge sei es immer dar­um gegan­gen, alle Mög­lich­kei­ten aus­zu­schöp­fen die Fahr­zeu­ge robus­ter und hoch­wer­ti­ger zu machen, so dass sie nicht zehn, son­dern 20 oder 30 Jah­re genutzt wer­den, also eher spät als früh in den Kreis­lauf rück­ge­führt wer­den. „Um die Fahr­zeu­ge lang­le­bi­ger zu machen, brauch­te es ein pas­sen­des Geschäfts­mo­dell. Wäh­rend der Ent­wick­lung sind wir dann mit dem Kun­den dar­auf gekom­men, dass wir für die Fahr­zeu­ge eine bes­se­re War­tung und Lang­le­big­keit ermög­li­chen und auch Sekun­där- und Ter­ti­är-Märk­te abde­cken kön­nen, indem die Hard­ware Upgrade-fähig und nach­träg­lich indi­vi­dua­li­sier­bar ist. Das bedeu­tet, das Pro­dukt kann an neue Anfor­de­run­gen ange­passt wer­den, was Rema­nu­fac­tu­ring wirt­schaft­lich inter­es­sant macht und zudem Repa­ra­tur und War­tung erleich­tert.“ erklärt er.

Fre­de­ri­ke Kint­scher-Schmidt ergänzt: „Natür­lich ist für den Her­stel­ler auch wich­tig, dass er das Fahr­zeug, als öko­ver­träg­lich auch noch die nächs­ten 30 oder 40 Jah­re ver­kau­fen kann. Wir brau­chen nicht über den zwei­ten oder drit­ten Markt spre­chen, wenn die Gerä­te laut EU-Vor­ga­ben über­haupt nicht mehr ein­ge­setzt wer­den dür­fen. Hier müs­sen zukünf­ti­ge Richt­li­ni­en und Ver­ord­nun­gen eine gewis­se Pla­nungs­si­cher­heit für Auftraggeber:innen leis­ten und eine zukünf­ti­ge Upgrade-Fähig­keit zulas­sen.“ Am Ende ist es dann nicht zuletzt auch die Ästhe­tik, die über die lang­fris­ti­ge Nut­zung eines Pro­dukts entscheidet.

Der digi­ta­le Pro­dukt­pass als tech­ni­sche Innovation
Dar­über hin­aus sieht das Gesetz die Schaf­fung eines neu­en, digi­ta­len Pro­dukt­pass vor, der Trans­pa­renz in die Wert­schöp­fungs­ket­te brin­gen soll. Er dient als wich­ti­ges Instru­ment in Hin­blick auf die Wie­der­ver­wen­dung und das Recy­cling von Mate­ria­li­en aber auch, um neue Mate­ria­li­en lang­fris­tig in die Stoff­strö­me zu inter­ge­rie­ren, denn hier feh­len oft noch wert­vol­le Erfah­rungs­wer­te. Noch gibt es ihn nicht und es bedarf eines guten UX-Designs, um die nöti­gen Infor­ma­tio­nen zugäng­lich und ver­ständ­lich zu machen – noch eine Designaufgabe!

All das kann in die rich­ti­ge Rich­tung gehen, solan­ge die Erfah­run­gen der Prüf­in­sti­tu­tio­nen, Unter­neh­men und Designer:innen bei den EU-Ver­ord­nun­gen mit ein­flie­ßen, die­se kon­ti­nu­ier­lich über­prüft und ver­bes­sert wer­den und Inno­va­tio­nen nicht durch zu eng gefass­te und fal­sche Nor­men gehemmt wer­den. Dann könn­te lang­fris­tig ein Wan­del Rich­tung Kreis­lauf­wirt­schaft und qua­li­täts­vol­len Öko-Design­stan­dards in der Pro­dukt­ge­stal­tung – zumin­dest euro­pa­weit – gelingen.

Zitier­emp­feh­lung: Sarah Dor­ken­wald: Öko­de­sign-Richt­li­ni­en der EU (08.07.2025): https://bayern-design.de/beitrag/oekodesign-richtlinien/
Portrait von Sarah Dorkenwald vor neutralem Grund.
Prof. Sarah Dor­ken­wald (Foto: Anna Seibel)
Die diplo­mier­te (Univ.) Desi­gne­rin Sarah Dor­ken­wald prak­ti­ziert in ihrer gestal­te­ri­schen wie theo­re­ti­schen Arbeit eine kri­ti­sche Design­hal­tung. Im Aus­tausch mit ande­ren Dis­zi­pli­nen hin­ter­fragt sie gän­gi­ge Her­an­ge­hens­wei­sen und gesell­schaft­li­che Kon­ven­tio­nen und möch­te mit aktu­el­len Posi­tio­nen im Design Alter­na­ti­ven im Umgang mit Res­sour­cen, Pro­duk­ti­on und Ver­tei­lung sowie des Zusam­men­le­bens auf­zei­gen. Sie ist Pro­fes­so­rin an der Hoch­schu­le für Kom­mu­ni­ka­ti­on und Gestal­tung in Ulm. Zusam­men mit der Design­theo­re­ti­ke­rin Kari­an­ne Fogel­berg hat Sarah Dor­ken­wald das Münch­ner Stu­dio UnDe­sign­U­nit gegrün­det. Sie ver­ei­nen Kom­pe­ten­zen und Metho­den aus dem Design und der Design­theo­rie und arbei­ten an der Schnitt­stel­le zu ande­ren Dis­zi­pli­nen und Wis­sens­for­men. Sarah Dor­ken­wald schreibt regel­mä­ßig für Design­zeit­schrif­ten sowie Fachpublikationen.