„better together“. Unter diesem Motto stehen die Social Design Days 2024. Nun ist das mit den Mottos so eine Sache. Ich weiß das, weil auch ich nicht frei von Jugendsünden bin. Eine davon: Die ersten Jahre nach meinem Studium der Politik, mit dem Schwerpunkt Ethik, arbeitete ich in Deutschlands teuerster Kommunikations-Agentur. Ein Widerspruch? Sicher. Von Widersprüchen werden wir heute noch Einiges hören. Wie auch immer: Das Kreieren von Mottos und griffigen Slogans gehörte zu meinem Kerngeschäft.
Diese und andere Slogans stammen aus jener Zeit. Zum Glück habe ich nur einen davon ersonnen. Und ich verrate Ihnen nicht, welchen. Gemeinsam haben sie alle eines: Sie sagen wenig, aber verraten viel. Meist vor allem über jene Institution, die ihn verbreitet. Manchmal aber steckt mehr drin in so einem Motto. Sehr viel mehr. „better together“ Könnte ein solches Motto sein. Es gibt Einiges her. Vor allem, wie immer bei fremdsprachigen Aussagen – weil es keine eindeutige Übersetzung gibt. Better heißt Besser. Keine Frage. Aber „together“ kann man ganz unterschiedlich übersetzen. Zusammen könnte es heißen. Oder Miteinander. Aber auch gleichzeitig. Und damit beschreibt unser Motto heute so wunderbar auch die große Herausforderung, vor der unsere Gesellschaft geradesteht.
Zusammen leben wir in unserem Land. Aber leben wir auch miteinander? So richtig klappt es mit dem Miteinander gerade nicht. Wenn wir also über das Besser nachdenken wollen, müssen wir genauer betrachten, was gerade so alles gleichzeitig geschieht: Wir erleben eine Bevölkerung in Zukunftsangst, eine Regierung im Dauerstreit. Medien, die immer weniger Menschen erreichen. Und denen immer weniger Menschen glauben. Wellen des Hasses gegenüber ehren- und hauptamtlichen Politikern, gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe, anderem Glauben, anderer Nationalität. Wähler, die immer weiter zu den Rändern wandern. Demokratieverächter in den Parlamenten. Mit der Aussicht, stärker als jede demokratische Partei zu werden. Rechtsextremisten, die in einer Villa nahe dem Wannsee eine Konferenz abhalten, bei der sie über die Deportation von Menschen mit der falschen Genetik fantasieren. Der Satiriker Jan Böhmermann sagte neulich:
„Wer immer schon mal wissen wollte, wie ‚das mit den Nazis‘ in Deutschland ‚damals einfach so passieren konnte‘, lebt jetzt in der richtigen Zeit.“
Alles wie beim letzten Mal? Ja. Und Nein. Ja, denn es gibt erneut Gegner der Demokratie und der freiheitlichen solidarischen Gesellschaft, die weder Anstand noch Moral, noch Skrupel kennen. Ja, denn diese Gegner sind erfolgreich, weil sie erneut Hass und Lüge als Geschäftsmodell praktizieren. Beides sind ebenso leichte wie wirksame Hebel, um eine Gesellschaft zu zermürben. Wer die Sorge hat, zu den Verlierern einer Krise zu gehören, sich aber ohnmächtig fühlt, der ist frustriert und damit empfänglich für die Präsentation von Schuldigen, auf die er seinen Frust projizieren kann, der längst zum Zorn geworden ist, und seinen Höhepunkt im Hass findet. Wer sich ohnmächtig fühlt und deshalb die rücksichtslose Wahrheit als unerträglich empfindet, der glaubt gern der geschmeidigen Lüge. Als kongeniales Duo sind Lüge und Hass das perfekte Angebot der Demokratiefeinde seit es die Demokratie gibt.
Also alles wie beim letzten Mal? Mit dem gleichen, unausweichlichen Ergebnis? Nein. Denn während die Gegner der Demokratie ein 100 Jahre altes Konzept neu auflegen, haben wir Demokraten gelernt. Auch und gerade, weil wir nun seit einem dreiviertel Jahrhundert in einer Demokratie leben. Weil wir mit anderen Demokratien leben. Mit Ihnen sogar ein demokratisches und freiheitliches Europa aufgebaut haben. Weil wir dieser demokratischen Tradition nicht nur die längste Friedenszeit in der deutschen Geschichte verdanken, den größten Wohlstand und die größte Freiheit, die wir jemals hatten. Und weil zu einer Demokratie eben auch gehört, dass sie sich ständig hinterfragt, auf vergangene Entscheidungen kritisch zurückblickt und den aktuell Regierenden das Regieren nicht allzu leicht macht. Wir wissen heute sehr viel besser als vor 100 Jahren, was Demokratien stärkt. Was sie schwächt. Was sie lähmt. Und was sie umbringt. Wir haben also viel gelernt.
Aber haben wir genug gelernt? Und vor allem: Setzen wir um, was wir gelernt haben? Und jetzt haben wir uns erwischt. Genau das ist unsere Schwachstelle. Wir wissen tatsächlich, wie wir’s besser machen können. Aber wir tun es noch viel zu oft nicht. Oder nur zögerlich. Oder nur langsam. Oder nicht wirklich konsequent. Weil der demokratische Weg, gesellschaftliche Probleme zu bearbeiten, einige gravierende Nachteile hat: Er braucht Zeit. Und Nerven. Und Konfliktfähigkeit. Und Frustrationstoleranz. Und den Umgang damit, Recht zu haben, aber keine Mehrheit. Demokratie ist schmerzhaft, unbequem, manchmal lästig und selten der kürzeste Weg zu einem Ergebnis. Deshalb praktizieren wir sie allzu häufig nur dann, wenn wir es müssen.
Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Unsere Demokratie kann weitaus mehr, als wir ihr zutrauen und uns zumuten wollen. Demokratie beruht auf freien Wahlen. Aber Demokratie ist keine Wahltechnik, auch keine Herrschaftsform. Demokratie ist ein Modell des Zusammenlebens von Menschen mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen, Sichtweisen und Interessen. Wer Demokratie auf Wahlen reduziert, macht sie schwach. Und damit anfällig. Wer sie so versteht, sieht tatsächlich wenig Handlungsmöglichkeiten.
Das Einzige, was bleibt, ist die „Gegner“ zu identifizieren – und zu bekämpfen. Doch wer sich bei der Stärkung der Demokratie auf deren Gegner fokussiert, der gerät schnell in die Defensive. Auch deshalb, weil das mit „dem“ Gegner gar nicht so leicht ist. Björn Höcke, Chef der AfD in Thüringen, darf gerichtsfest als Nazi bezeichnet werden. Weit über eine Million Menschen haben einen Aufruf unterzeichnet, ihm die Bürgerrechte zu entziehen. Das ist verständlich. Aber wer glaubt ernsthaft, dass man damit die Demokratie retten könnte? Nazis als Nazis zu beschimpfen, hilft nichts. Deren Wähler so einzusortieren, bewirkt sogar das Gegenteil. Demokratie zu stärken, indem man deren Gegner lokalisiert und „bekämpft“, ist verlockend und verführerisch. Aber ist es auch wirksam? Denn an der Legitimität unserer demokratischen Institutionen, Akteure, Prozesse und Entscheidungen kratzen ja längst nicht nur die Höckes dieser Welt. Wer ist denn wirklich gefährlich für unsere Demokratie? Sind es die Nazis innerhalb und außerhalb der AfD? Die Reichsbürger? Rechtsradikale? Querdenker aller Schattierungen? Kommen wir weiter, wenn wir so denken, so Ursachenforschung betreiben? Was bringt es uns, wenn wir die „größte Gefahr“ lokalisieren? Wollen wir die entsprechende Akteursgruppe politisch eliminieren? Ihre demokratischen Mitwirkungsrechte absprechen? Sie umerziehen? Wo führt dieser Ansatz hin? Immer wieder erleben wir auf einschlägigen Panels ob im Fernsehen oder Vereinsheimen dieselben Debatten: Demokraten denken darüber nach, wie man Demokratie stärkt, indem man bestimmte Gruppen bekämpft – oft indem man ihre demokratischen Rechte beschneidet. Möglicherweise könnte da ein Denkfehler vorliegen.
Versuchen wir einfach mal, die Sache aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Stellen wir einmal folgende Hypothese auf: Die größte Gefahr für die Demokratie ist – zu wenig Demokratie. Kann es sein, dass viele Menschen vor allem deshalb mit der Demokratie nichts anfangen können, weil wir ihnen keine anbieten? Das würde bedeuten, all die aufgezählten Gefahren sind gar keine Gefahren, sondern Gelegenheiten. Oder Herausforderungen. Oder Impulse zur Reflektion. Vor allem zu der Reflektion darüber, was eigentlich Demokratie ist, was sie ausmacht, was sie attraktiv macht und was Menschen zu Demokraten macht oder eben nicht. Wir definieren Demokratie als Menschenrecht. Das heißt aber nicht, dass sie allen Menschen angeboren ist. Wir dürfen nicht dem Glauben erliegen, Menschen würden als Demokraten geboren, und alle, die dann irgendwann keine mehr sind, wären irgendwie dysfunktional. Demokratie ist eine Einstellung und eine Kulturtechnik. Beides ist keine Frage der Gene, sondern der kulturellen Aneignung. Demokraten entstehen nicht von alleine, nicht verlässlich, nicht automatisch, aber auch nicht zufällig.
Und da kommt das Design ins Spiel. Nicht das Design von Wahlplakaten. Da gibt es wunderbare. Und durchschnittliche. Und eine ganze Menge völlig misslungene. Man kann Plakate designen. Aber keine Demokraten. Und doch kann Design ganz entscheidend dazu beitragen, unsere Demokratie zu stärken. Denn social design, gedacht als Beitrag eben zum „better together“ ist vor allem eines: Das Design demokratischer Prozesse.
Denn wenn Demokratie keine genetische Veranlagung ist, dann muss sie entwickelt werden. Und das geschieht nicht zufällig. Demokrat wird man nicht, weil man die Funktion des Bundestages und das deutsche Wahlrecht in der Schulklausur unfallfrei beschreiben kann. Sondern, indem man sie erlebt. Ihr Wesen. Und das lautet: Ich bin kein Untertan, sondern ein Mensch, der ganz wesentlich über sein eigenes Leben als Teil einer sozialen Gruppe bestimmen kann.
Wir wissen heute sehr genau, dass frühe Selbstwirksamkeitserfahrung oft lebenslange demokratische Wirksamkeit triggert. Die Quote ehemaliger Schülersprecher unter deutschen Parlamentariern und Bürgermeistern, aber auch unter Vereinsvorsitzenden ist sensationell. Erfahre ich Selbstwirksamkeit, erhöht dies tatsächlich meine Bereitschaft, mich auch in anderen Zusammenhängen auf Diskurse, Dialoge und demokratische Prozesse einzulassen. Lasse ich mich darauf ein, steigere ich meine Diskurskompetenz. Und die ist eben nicht nur Rhetorik, sondern auch Zuhören können, Eingehen auf die Interessen anderer, Wertschätzung auszudrücken und mit Kritik umzugehen. Erst diese Diskurskompetenzen ermöglichen mir, auch eine der wesentlichen Kompetenzen in einer Demokratie zu entwickeln: Verlieren zu können. Es auszuhalten, wenn ich nicht in der Mehrheit bin. Ergebnisse zu akzeptieren, die mir nicht gefallen – und demokratische Wege zu bestreiten, um weiter für meine Ziele einzutreten. Je besser ich das beherrsche, je ausgeprägter meine Demokratiekompetenz, desto größer ist eine Chance auf weitere Selbstwirksamkeitserfahrung. Für mich, aber auch für Menschen in meinem Umfeld.
Betrachten wir diese demokratische Spirale, sehen wir eine Menge Herausforderungen, aber auch Chancen, um positive Impulse zu setzen. Tatsächlich könnte man an jedem dieser zentralen Faktoren ansetzen. Mehr Selbstwirksamkeitserfahrungen sind gut. Mehr Diskursbereitschaft sinnvoll. Mehr Diskurskompetenz förderlich. Mehr Demokratiekompetenz ganz wunderbar. Es ist völlig in Ordnung, sich auf eines dieser Felder zu konzentrieren. Das ist gut, aber man sollte immer den ganzen Kreisel im Blick haben. Selbstwirksamkeit alleine kann auch Arroganz statt Diskursbereitschaft generieren. Wenn diese Selbstwirksamkeit nicht in partizipativen Strukturen erlebt wird, sondern auf Einkommen, Bildung, Einfluss zum Beispiel der Eltern beruht. Oder anderen Privilegien. Englische, aber auch deutsche Privatschulen kassieren Zigtausende Euro Schulgebühren von den Eltern ihrer Zöglinge und produzieren am Fließband selbstwirksame Menschen, aber erstaunlich wenige Demokraten.
Gleiches gilt für die Diskurskompetenz. Rednerclubs sind an amerikanischen Highschools Standard. Besonders beliebt: Rednerduelle, bei denen die Teilnehmenden erst Minuten vor dem Beginn ihre Positionierung zu einem Thema per Los zugeteilt bekommen. Das produziert kompetente Diskutanten. Ob es auch glühende Demokraten produziert, bleibt offen. Alle vier Felder sollten wir Demokraten also im Kopf haben, wenn wir Demokratie stärken wollen, indem wir Demokraten entstehen lassen. Und tatsächlich führt uns das dazu, dass wir hier nicht vier Handlungsfelder sehen, sondern mehr.
Denn es sind eben auch die Verbindungen zwischen diesen Feldern, die unserer besonderen Fürsorge bedürfen. Wenn aus Selbstwirksamkeit Diskursbereitschaft entstehen soll, dann muss diese Selbstwirksamkeit auch diskursbasiert zustande kommen (und nicht durch Sekundenkleber auf der Straße, durch das Anzünden von Flüchtlingswohnheimen oder durch den elterlichen Geldbeutel).
Wenn Diskursbereitschaft zu Diskurskompetenz führen soll, muss es Angebote dazu geben. Durch attraktive Beteiligungsofferten, aktivierende Formate, reflektierende Prozesse, qualifizierende Moderation. Wenn Diskurs- in Demokratiekompetenz münden soll, dann braucht es Prozesse, in denen Diskurse ergebnisbestimmend sind, viele Chancen zum „Gewinnen“ und „Verlieren“ auch in kleinen Themen gegeben sind, Rückschritte nicht als Problem und wechselnde Mehrheiten als erstrebenswert definiert sind. Und aus Demokratiekompetenz können nur weitere Selbstwirksamkeitserfahrungen entstehen, wenn wir das Prinzip der permanenten Partizipation leben.
Demokratie hat keinen on/off-Schalter. Und schon gar keine Frequenz, in der wir vier Jahre lang in demokratiefreien Schulen, Universitäten, Firmen vor uns hinvegetieren, dann plötzlich aufwachen, eine demokratisch bewusste Wahlentscheidung fällen um weitere vier Jahre erstaunt und frustriert zu beobachten, was „die Politik“ aus unseren Wählerstimmen macht.
Demokratie stärken heißt Demokratie praktizieren. Und das braucht Prozesse. Gut designte Prozesse. Prozesse, die eben nicht auf Effizienz und optimale Ergebnisse getrimmt sind. Sondern die Raum für Konflikte vorsehen. Die Selbstwirksamkeit nicht nur zulassen, sondern aktiv ermöglichen. Die auf den Diskurs setzen. Und dabei nicht auf Geschmeidigkeit sondern auf Unperfektion. Das ist arbeitssam, langsam, mühsam. Aber alternativlos. Demokratie wird stark, wenn sie praktiziert wird. Es sind eben nicht nur die Ergebnisse, die zählen, sondern der Weg, auf denen sie zustande kommen. Es im Grunde so, wie beim Sport. Jeder Leistungssportler verbringt den allergrößten Teil nicht im Wettkampf, sondern beim Training. Wenn zum Beispiel ein Läufer seine Leistung verbessern will, geht es im Training eben nicht darum, von A nach B zu kommen. Sondern diesen Weg von A nach B möglichst anstrengend zu gestalten. Und wenn er seine Leistungskraft behalten will, dann macht er das immer wieder. Tag für Tag. Das gilt auch für unsere Demokratie: Sie wird stark, wenn möglichst viele Menschen die Chance haben, sie zu trainieren. Wenn wir die Menschen an demokratischen Prozessen beteiligen. In unseren Kommunen, unseren Schulen und Institutionen. Besonders überall da, wo Inklusion ein Thema ist. Oder Integration.
Gerade da, wo vermeintlich die Gefahr besteht, die Effizienz von Prozessen zu gefährden, weil Menschen mitwirken sollen, die angeblich zu wenig Kompetenzen, falsche kulturelle Prägungen oder zu abweichende Meinungen mitbringen. Genau dann entsteht Demokratiepotential. Denken wir an unsere Läufer: Der Nutzen beginnt erst, wenn’s schwierig wird. Das sind die Prozesse, die uns interessieren. Wenn das gelingt, dann ist ihr Design gut.
Ein universelles Design dafür gibt es nicht. Nicht mal universelle Regeln. Denn gute Teilhabe ist ebenso divers, wie die Menschen in unserem Land. Es ist nicht nur so, dass diese Menschen oft ganz unterschiedliche, eigene, manchmal sogar eigenartige Vorstellung von Gestaltungsprozessen haben. Oft ist es schwer, gerade die Betroffenen überhaupt dafür zu gewinnen. Manchmal sind die Konflikte unangenehm, manchmal verlaufen Debatten wenig wertschätzend. Kurz: Es gibt viel Fehlerpotential. Und das ist gut so. Genau das brauchen wir. Weil social design in diesem Sinne vor allem eine wesentliche Grundhaltung braucht: Demut.
Das Wissen darum, dass es die eine, universelle Blaupause für gute demokratische Teilhabeprozesse nicht gibt. Was kein Dilemma ist. Sondern eine Chance. Denn für das Design dieser Prozesse heißt das: Es geht nicht darum, sie für die Menschen zu gestalten. Sondern mit ihnen. Social Design kann nur als partizipatives Design gedacht und gelebt werden. Jeder Teilhabeprozess ist anders. Darf anders sein. Ja muss es sogar. Denn die Stärkung der Demokratie ist kein Prozessergebnis. Sie ist der Prozess. Und deshalb können Inklusionsprozesse nur inklusiv entwickelt werden. Integrationsprozesse nur integrativ. Partizipationsprozesse nur partizipativ. Design ist Gestaltung: Und die Gestaltung demokratischer Prozesse ist keine Auftragsarbeit. Sie ist Demokratie. Oder nichts.
Wir kommen zum Fazit: Die größte Gefahr für die Demokratie ist – wenn es zu wenig davon gibt. Das heißt auch: Wenn Menschen mit Demokratie nichts anfangen können, sollten wir darüber nachdenken, wie wir ihnen mehr davon anbieten können, statt weniger. Viel mehr. Viel öfter. Nicht viel einfacher. Aber viel wirksamer. Denn es ist genau diese Gestaltung der Vielen, die jeden Tag immer wieder zahllose Stunden, viel Kreativität, Fleiß, Emotionen und manchmal auch eine gehörige Portion Frustrationstoleranz investieren, um Gemeinwohl zu generieren und unsere Demokratie zu stärken. Und um Jan Böhmermanns Ansatz am Ende noch einmal in diesem Sinne aufzugreifen: „Wer immer schon daran mitgestalten wollte, dass unsere Demokratie ihr Potential ernsthaft entwickelt, lebt jetzt in der richtigen Zeit.“
Zitierempfehlung: Jörg Sommer (17.10.2024): Design & Demokratie. Warum unsere Demokratie mehr Design braucht. Und Design mehr Demokratie.Vortrag gehalten im Rahmen des Symposiums der Social Design Days Nürnberg am 9. Oktober 2024. https://bayern-design.de/beitrag/joerg-sommer-design-und-demokratie/
Jörg Sommer ist Publizist und Gründungsdirektor des Berlin Institut für Partizipation. Außerdem ist er seit 2009 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Umweltstiftung und Mitherausgeber der Zeitschrift „movum“ sowie des Jahrbuch Ökologie. Er ist in zahlreichen Beiräten und Gremien der Nachhaltigkeit aktiv, u. a. im Nationalen CSR-Forum sowie in der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe.
Jörg Sommer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragen der Demokratie und Bürgerbeteiligung und veröffentlichte über 200 Bücher (Belletristik für Kinder und Erwachsene, Sach- und Fachbücher), darunter bereits 1988 ein Handbuch zur partizipativen Bildungsarbeit mit jungen Menschen. Das von ihm herausgegebene Kursbuch Bürgerbeteiligung ist ein Grundlagenwerk gelingender Bürgerbeteiligung. Sein wöchentlicher Newsletter demokratie.plus beleuchtet zahlreiche Aspekte und Entwicklungen unseres politischen Systems, die er pointiert erklärt, kritisch hinterfragt und mit innovativen Vorschlägen ergänzt.
Jörg Sommer ist Vater von vier Kindern und lebt in Süddeutschland. Er wurde für seine Tätigkeit als Schriftsteller, Demokratie- und Umweltaktivist mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg.