24. Februar 2025

Die Zukunft der Kreativität

von Vol­ker Bilgram

KI als Muse und Ideen­fa­brik oder algo­rith­mi­sche Einöde?

Krea­ti­vi­tät galt lan­ge als exklu­si­ve Domä­ne des Men­schen – eine Fähig­keit, die uns von Maschi­nen unter­schei­det und unse­re „Kro­ne der Schöp­fung“ unter­mau­ert. Doch die rasan­te Ent­wick­lung gene­ra­ti­ver KI stellt die­se Annah­me auf den Prüf­stand. Tech­no­lo­gien wie ChatGPT haben in den letz­ten Jah­ren bewie­sen, dass KI nicht nur ana­ly­tisch, son­dern auch krea­tiv arbei­ten kann (Biel et al., 2025). Desi­gner, Ent­wick­ler und Krea­ti­ve nut­zen KI bereits als Brain­stor­ming-Part­ner oder Ideen­ge­ber, um Blo­cka­den zu über­win­den und Pro­zes­se zu beschleu­ni­gen. Doch reicht das aus, um KI als krea­tiv zu bezeich­nen? Doch was bedeu­tet das für krea­ti­ve Berufe?

Der Bei­trag taucht tie­fer in die Fra­ge ein, wie KI Krea­ti­vi­tät neu defi­niert, wel­che Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen sich erge­ben und wie eine pro­duk­ti­ve Zusam­men­ar­beit zwi­schen Mensch und Maschi­ne gestal­tet wer­den kann. Sei­en Sie gespannt auf Ein­bli­cke in die Zukunft der Krea­ti­vi­tät – und die Fra­ge, ob KI tat­säch­lich eine krea­ti­ve Revo­lu­ti­on auslöst!

Kann KI krea­tiv sein?

Es sind schwe­re Zei­ten für Ver­fech­ter des Gedan­kens, dass Men­schen die Kro­ne der Schöp­fung dar­stel­len. Wäh­rend Com­pu­ter seit lan­gem ana­ly­ti­sche Auf­ga­ben genau­so gut oder sogar bes­ser als Men­schen bewäl­ti­gen, wur­de Krea­ti­vi­tät tra­di­tio­nell als etwas ange­se­hen, das dem Men­schen vor­be­hal­ten war. Eine Stu­die aus dem Jahr 2022 (vor dem Markt­start von ChatGPT) fand z.B. her­aus, dass Unter­neh­men KI nur sehr bedingt für krea­ti­ve Pro­zes­se ein­set­zen und Mana­ger Krea­ti­vi­tät als typisch mensch­li­che Fähig­keit betrach­ten (Fül­ler et al., 2022). Gene­ra­ti­ve KI, wie wir sie heu­te vor allem von den Chat­bots gro­ßer Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men ken­nen, hat die Anwen­dungs­fel­der in Design- und Inno­va­ti­ons­pro­zess deut­lich erwei­tert. Gene­ra­ti­ve KI ist inzwi­schen als Brain­stroming- und Coding-Part­ner, Mit­ge­stal­ter und Lie­fe­rant von Anschub­krea­ti­vi­tät unter ande­rem bei Desi­gnern, Krea­ti­ven und Pro­gram­mie­rern fest eta­bliert (Bil­gram und Laar­mann, 2023; Pols­ter et al., 2024).

Unter Krea­ti­vi­tät wird all­ge­mein der Pro­zess ver­stan­den, in dem neue und sinn­vol­le Ideen oder Lösun­gen ent­wi­ckelt wer­den. Wäh­rend KI bereits sehr umfas­send krea­ti­ve Pro­zes­se unter­stützt, gibt es eine leb­haf­te Dis­kus­si­on dar­über, ob KI über­haupt im enge­ren Sin­ne krea­tiv sein kann. Einer­seits wird argu­men­tiert, dass KI auf Basis immenser Daten­men­gen und fort­schritt­li­cher Algo­rith­men im Ergeb­nis Ideen erzeu­gen kann, die in Blind­tests nicht nur eben­bür­tig mit Exper­ten-gene­rier­ten Ideen sind, son­dern die­se gar in ent­schei­den­den Dimen­sio­nen wie Neu­heits­grad oder Kun­den­nut­zen über­tref­fen (Joos­ten et al., 2024); ande­rer­seits wird behaup­tet, dass ech­te Krea­ti­vi­tät Aspek­te wie Inten­tio­na­li­tät oder die Fähig­kei­ten, sich selbst aus­zu­drü­cken und Nar­ra­ti­ve zu gestal­ten, erfor­dert, wel­che KI meist abge­spro­chen wer­den. KI zeigt zwar inno­va­ti­ve Fähig­kei­ten, doch ihre Abhän­gig­keit von vor­han­de­nem Wis­sen begrenzt ihr Poten­zi­al, eine dem Men­schen ver­gleich­ba­re krea­ti­ve Auto­no­mie zu errei­chen. Die Dis­kus­si­on ist in ers­ter Linie eine theo­re­ti­sche. Für vie­le Krea­ti­ve und Inno­va­to­ren in der Pra­xis spielt weni­ger die Fra­ge rund um das Vor­han­den­sein krea­ti­ver Auto­no­mie eine Rol­le, als viel­mehr die viel­ver­spre­chen­den Ergeb­nis­se, die sich in hybri­den Ansät­zen mit KI her­vor­brin­gen lassen.

Der Anfang vom Ende krea­ti­ver Berufe?

KI ersetzt heu­te mensch­li­che krea­ti­ve Arbeit nicht mehr nur im Ein­zel­fall. Stu­di­en über die Aus­wir­kun­gen von ChatGPT auf dem frei­be­ruf­li­chen Sek­tor lie­fern ers­te Bele­ge dafür, dass gene­ra­ti­ve KI krea­ti­ve Auf­ga­ben im gro­ßen Stil über­nimmt. Bereits unmit­tel­bar in den ers­ten Mona­ten nach Start von ChatGPT gin­gen auf gro­ßen Platt­for­men für Frei­be­ruf­ler sowohl die aus­ge­schrie­be­nen Gesu­che als auch die Ein­künf­te in stär­ker von ChatGPT betrof­fe­nen Beschäf­ti­gungs­fel­dern zurück (Hui et al., 2023). Gene­ra­ti­ve KI hält auch Ein­zug in den pro­fes­sio­nel­len Dienst­leis­tungs­sek­tor, z. B. in Stra­te­gie­be­ra­tungs­un­ter­neh­men, wobei füh­ren­de Unter­neh­men wie die Bos­ton Con­sul­ting Group die Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung durch KI-gestütz­te Bera­ter unter­su­chen. In die­sem groß ange­leg­ten Expe­ri­ment wur­de fest­ge­stellt, dass Bera­ter, die GPT‑4 nut­zen, ihre Auf­ga­ben in 25 % weni­ger Zeit erle­di­gen und dabei eine um 40 % höhe­re Qua­li­tät erzie­len (Del­l’Ac­qua et al., 2023). Beson­ders deut­lich zeigt sich die Leis­tungs­stei­ge­rung durch den Ein­satz von KI bei leis­tungs­schwä­che­ren Mit­ar­bei­tern. In gewis­ser Wei­se, nivel­liert KI Leis­tungs­ni­veaus und hat damit auch Ein­fluss auf zukünf­ti­ge Stra­te­gien im Personalwesen.

„In gewis­ser Wei­se nivel­liert KI Leis­tungs­ni­veaus von Leis­tungs­trä­gern und leis­tungs­schwä­che­ren Mit­ar­bei­tern und hat damit auch Ein­fluss auf zukünf­ti­ge Stra­te­gien im Personalwesen.“

Sebas­ti­an Siem­iat­kow­ski, CEO des schwe­di­schen Fintechs Klar­na, erläu­ter­te Ende 2024, dass sie seit einem Jahr kei­ne neu­en Mit­ar­bei­ter mehr ein­stel­len und mit­tels natür­li­chem Per­so­nal­ab­bau wie Weg­gän­gen die Mit­ar­bei­ter­zahl um fast ein Vier­tel redu­ziert haben (Lake, 2025) . Trotz der zahl­rei­chen Bei­spie­le erfolg­rei­chen KI-Ein­sat­zes in krea­ti­ven Arbeits­fel­dern hat sich die KI-gestütz­te Neu­pro­dukt­ent­wick­lung noch nicht in der Brei­te durch­ge­setzt. Viel­mehr ver­deut­li­chen aktu­el­le Stu­di­en die Zurück­hal­tung vie­ler Unter­neh­men in Bezug auf die Nut­zung von KI. Bei­spiels­wei­se gaben 75 % der befrag­ten Unter­neh­men an, KI noch nicht ein­mal für eine ein­zi­ge Anwen­dung in der Neu­pro­dukt­ent­wick­lung ein­ge­setzt zu haben. Gera­de an dem neur­al­gi­schen Punk­ten der Ent­schei­dungs­fin­dung sind Mana­ger noch nicht bereit, das Zep­ter an die KI zu über­ge­ben (Coo­per und Brem, 2024).

Die Rol­le von Men­schen – vom Pro­blem­lö­ser zum Problemfinder

Ange­sichts der krea­ti­ven Fähig­kei­ten von KI stellt sich natür­lich die zen­tra­le Fra­ge, wel­che Rol­le der Mensch in Krea­tiv­pro­zes­sen wie Design Thin­king, Inno­va­ti­ons­work­shops oder Design Sprints kurz- bis lang­fris­tig spie­len wird? Schon vor dem Auf­kom­men von LLMs und Chat­bots deu­te­ten Ver­g­an­ti et al. (2020) an, dass KI zuneh­mend Auf­ga­ben der Pro­blem­lö­sung über­neh­men und die Rol­le des Men­schen mög­li­cher­wei­se in Rich­tung „Sen­se­ma­king“ ver­la­gern wird – d. h. die Ent­schei­dung dar­über, wel­che Pro­ble­me über­haupt gelöst wer­den sol­len. Für die­se Auf­ga­be ist brei­tes Kon­text­wis­sen eben­so ent­schei­dend wie das Wis­sen über das Unter­neh­men und den Markt, in dem es tätig ist. So kön­nen rele­van­te Pro­ble­me iden­ti­fi­ziert und prio­ri­siert, Sys­te­me und Inter­de­pen­den­zen ver­stan­den, und Ent­schei­dun­gen unter Berück­sich­ti­gung stra­te­gi­scher Zie­le, ver­füg­ba­rer Res­sour­cen und des Unter­neh­mens­um­felds getrof­fen wer­den. Unter­stri­chen wird die Bedeu­tung der Pro­blem­aus­wahl durch den Men­schen durch die Erkennt­nis, dass die Ver­wen­dung von KI für unge­eig­ne­te Auf­ga­ben­stel­lun­gen die Ergeb­nis­se im Ver­gleich zum erar­bei­te­ten Ergeb­nis ohne KI-Ein­satz sogar ver­schlech­tert (Can­de­lon et al., 2023). Nicht nur die Rele­vanz, son­dern auch die Eig­nung von Pro­ble­men für die Lösung durch KI müs­sen sicher­ge­stellt wer­den. Ins­be­son­de­re die brei­ten Ein­satz­be­rei­che von Sprach­mo­del­len ver­lei­ten schnell dazu, KI für alle Pro­blem­stel­lun­gen anzu­wen­den. Das sys­te­ma­ti­sche Expe­ri­men­tie­ren in ver­schie­de­nen Auf­ga­ben­be­rei­chen inklu­si­ve der Bewer­tung der Ergeb­nis­se ist ein geeig­ne­tes Mit­tel, um geeig­ne­te Auf­ga­ben­stel­lun­gen für die KI-Nut­zung zu identifizieren.

„Selbst ein­fa­che Promp­ting Stra­te­gien füh­ren bereits zu einer bes­se­ren bzw. ziel­ge­rich­te­ten Aufgabenausführung.“ 

Neben der Aus­wahl geeig­ne­ter Pro­ble­me besteht die Auf­ga­be des Men­schen im Umgang mit Sprach­mo­del­len der­zeit meist dar­in, das iden­ti­fi­zier­te Pro­blem zu for­mu­lie­ren und in wirk­sa­me Prompts zu über­set­zen. Selbst ein­fa­che Promp­ting Stra­te­gien füh­ren bereits zu einer bes­se­ren bzw. ziel­ge­rich­te­ten Auf­ga­ben­aus­füh­rung. Soge­nann­te „Prompt­athons“ kön­nen hel­fen, Mit­ar­bei­tern die ziel­füh­ren­de Inter­ak­ti­on mit Sprach­mo­del­len in ihrem jewei­li­gen Auf­ga­ben­be­reich näher zu brin­gen. Dar­über hin­aus sor­gen inter­ne „Com­mu­ni­ties of Prac­ti­ce“ und zen­tral ver­füg­ba­re Res­sour­cen zum Umgang mit KIs für eine stei­le­re Lern­kur­ve und mehr Sicher­heit im Umgang mit der Tech­no­lo­gie. Ergeb­nis­se aus Expe­ri­men­ten mit ver­schie­de­nen Model­len, Fine­tu­ning-Ansät­zen und Prompt-Stra­te­gien kön­nen so doku­men­tiert und in Leit­fä­den und ande­ren Pro­zess­hil­fen zen­tral ver­füg­bar gemacht wer­den, um orga­ni­sa­tio­na­les Ler­nen im Umgang mit KI zu beschleu­ni­gen. Mit zuneh­men­der Erfah­rung kön­nen dann auch fort­ge­schrit­te­ne KI-Lösun­gen ein­ge­bun­den wer­den, die mit aus­ge­klü­gel­ten Prompts arbei­ten, auf den Kon­text (Indus­trie, Pro­dukt­ka­te­go­rie, Auf­ga­ben­stel­lung etc.) ange­pass­te Model­le nut­zen, oder den Zugriff auf spe­zi­fi­sches Domä­nen­wis­sen ermöglichen.

Die grund­sätz­li­che Ent­schei­dung über die Sinn­haf­tig­keit des Ein­sat­zes von KI sowie die anschlie­ßen­de Über­set­zung des Pro­blems in einen Prompt haben also einen erheb­li­chen Ein­fluss auf die Ergeb­nis­qua­li­tät. Das Para­dig­ma, dass „das Ver­ste­hen des Pro­blems die hal­be Lösung ist“, gilt in KI-gestütz­ten Umge­bun­gen umso mehr. Die­se Per­spek­ti­ve unter­streicht die sym­bio­ti­sche Bezie­hung zwi­schen mensch­li­chen Erkennt­nis­sen und KI-Fähig­kei­ten, wobei mensch­li­che Krea­ti­vi­tät und kon­text­be­zo­ge­nes Ver­ständ­nis erfor­der­lich sind, um die Rechen­leis­tung der KI zu steuern.

„Das Para­dig­ma, dass ‚das Ver­ste­hen des Pro­blems die hal­be Lösung ist‘, gilt in KI-gestütz­ten Umge­bun­gen umso mehr.“

Mensch und KI Hand in Hand – das Bei­spiel Design Thinking

Wie kann eine Sym­bio­se aus mensch­li­cher und künst­li­cher Krea­ti­vi­tät z.B. in Design Thin­king Work­shops aus­se­hen? Emp­feh­lun­gen erge­ben sich dabei einer­seits aus den Poten­zia­len der Tech­no­lo­gie, ande­rer­seits aus den Hemm­nis­sen, die aus dem Tech­no­lo­gie­ein­satz erwach­sen (sie­he Tabel­le 1). Design Thin­king Exper­ten beto­nen stets die hohe Anzahl an Ideen, die KIs in kur­zer Zeit gene­rie­ren kön­nen. Dabei kom­men oft auch Ansät­ze auf, die den Teil­neh­mern zuvor nicht bewusst waren oder deren Krea­ti­vi­tät sti­mu­lie­ren. Gleich­zei­tig kann KI den Ein­stieg in Auf­ga­ben erleich­tern, indem sie krea­ti­ve Blo­cka­den über­win­det und initia­le Impul­se lie­fert, die den Pro­zess beschleu­ni­gen. Ein „flie­gen­der Start“ auf Basis vor­be­rei­te­ter KI-gene­rier­ter Ideen kann sowohl die Effi­zi­enz des Design Thin­king Ansat­zes als auch den Work­shop­fluss in der Grup­pe erhöhen.

KI kann jedoch auch bereits vor der eigent­li­chen Ideen­ge­ne­rie­rung wert­vol­le Diens­te leis­ten. Um tie­fes Ver­ständ­nis für die Anwen­der auf­zu­bau­en, kön­nen Sprach­mo­del­le Per­so­nas ent­wi­ckeln, Nut­zer­be­dürf­nis­se ana­ly­sie­ren, und gan­ze User Jour­neys (Abbil­dung ein­zel­ner Schrit­te, die ein Nut­zer durch­läuft, wenn er mit einem Pro­dukt inter­agiert) abbil­den ent­lang derer Pro­blem­fel­der auf­ge­zeigt wer­den kön­nen. KI ersetzt zwar kei­ne pro­fun­de Ana­ly­se von Kon­su­men­ten, bei­spiels­wei­se durch Beob­ach­tung oder Inter­views, bie­tet aber für die frü­he Explo­ra­ti­ons­pha­se in Design Thin­king Work­shops einen soli­den und vor allem schnel­len Über­blick über Kon­su­men­ten­pro­ble­me und Gewohnheiten.

„KI […] bie­tet aber für die frü­he Explo­ra­ti­ons­pha­se in Design Thin­king Work­shops einen soli­den und vor allem schnel­len Über­blick über Kon­su­men­ten­pro­ble­me und Gewohnheiten.“

Die Chat­bots, die als digi­ta­les Inter­face für die Sprach­mo­del­le die­nen, brin­gen eine wei­te­re gro­ße Her­aus­for­de­rung für Work­shop-Teams mit sich. Soll die KI für eine bestimm­te Auf­ga­ben­stel­lung ein­ge­setzt wer­den, führt dies meist zu einer Unter­bre­chung der in Work­shops för­der­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on und sozia­len Inter­ak­ti­on in den Grup­pen. Ein­zel­ne Akteu­re zie­hen sich zur Nut­zung der KI zurück und der Work­shop ver­liert oft­mals das krea­ti­ve Momen­tum. Ist die indi­vi­du­el­le KI-Kon­sul­ta­ti­on abge­schlos­sen, war­tet die nächs­te Her­aus­for­de­rung: die Unmen­gen an Infor­ma­tio­nen, die jeder Akteur in Erfah­rung gebracht hat, müs­sen mit der Work­shop-Grup­pe geteilt, kon­so­li­diert und für die wei­te­re Arbeit nutz­bar gemacht wer­den. Um die­se Unter­bre­chun­gen zu ver­mei­den, kann KI-Input bereits vor dem Work­shop gene­riert, bewer­tet und gezielt für die Inte­gra­ti­on in den Work­shop vor­be­rei­tet wer­den. Die­se Vor­ar­beit kann von den Work­shop-Lei­tern über­nom­men wer­den, indem rele­van­te Ergeb­nis­se pas­send zur Auf­ga­ben­stel­lung aus­ge­wählt und kura­tiert wer­den. Alter­na­tiv kön­nen auch die Teil­neh­mer in Form einer „Haus­auf­ga­be“ indi­vi­du­ell mit der KI arbei­ten und ers­te Ideen oder Lösungs­an­sät­ze erar­bei­ten. Auch expli­zi­te Work­shop-Pha­sen mit und ohne KI-Unter­stüt­zung haben sich in vie­ler­lei Hin­sicht bewährt. Die Nut­zung von KI bekommt ihren Raum, ohne das Work­shop-Gesche­hen zu domi­nie­ren und die Vor­zü­ge der Work­shop-Metho­de zu unter­wan­dern. Das Gefühl der Zusam­men­ar­beit zwi­schen den Work­shop-Teil­neh­mern wird nicht in den Hin­ter­grund gedrängt und ein krea­ti­vi­täts­för­der­li­cher Work­shop-Flow kann auf­recht­erhal­ten wer­den, indem die Teil­neh­mer nicht zu rei­nen „Promp­tern“ degra­diert werden.

Durch das Aus­la­gern krea­ti­ver Arbeits­schrit­te lei­den die Ergeb­nis­se aus stark mit KI unter­stütz­ten Design Thin­king Work­shops oft unter einer gerin­gen Iden­ti­fi­ka­ti­on der Teil­neh­mer mit den KI-gene­rier­ten Ideen und Lösun­gen. Oft fehlt der emo­tio­na­le Bezug zu Ergeb­nis­sen, die nicht aus eige­ner krea­ti­ver Arbeit stam­men, wodurch auch die Moti­va­ti­on zur Wei­ter­ent­wick­lung die­ser Ideen sinkt. Die feh­len­de psy­cho­lo­gi­sche „Owner­ship“ erschwert dann in vie­len Fäl­len die Umset­zung der Ideen und Wei­ter­füh­rung des Pro­jekts. Eine akti­ve Ein­bin­dung der Teil­neh­mer in die Ver­fei­ne­rung von KI-Ergeb­nis­sen kann dazu bei­tra­gen, die Iden­ti­fi­ka­ti­on mit den Ergeb­nis­sen zu stei­gern. Teams pro­fi­tie­ren davon, KI-Vor­schlä­ge zu modi­fi­zie­ren und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Eben­so ist es sinn­voll, gezielt Pha­sen ein­zu­pla­nen, in denen die Ergeb­nis­se reflek­tiert und mit eige­nen Ideen ange­rei­chert wer­den. Dies betont den krea­ti­ven Bei­trag aller Betei­lig­ten. Eine struk­tu­rier­te Refle­xi­on der KI-Out­puts ermög­licht es zudem, die Ergeb­nis­se kri­tisch mit den Work­shop-Zie­len abzu­glei­chen und ihre Rele­vanz sicherzustellen.

Der größ­te Mehr­wert ent­steht durch eine geziel­te Zusammenarbeit

Die rasan­ten Ent­wick­lun­gen in der KI For­schung beschleu­ni­gen auch einen Para­dig­men­wech­sel im Krea­tiv­be­reich: Frei­be­ruf­ler spü­ren bereits die rück­läu­fi­ge Nach­fra­ge nach krea­ti­ver Arbeits­kraft, wäh­rend Unter­neh­men wie Klar­na erst gar kei­ne frei­wer­den­den Stel­len mehr mit Men­schen beset­zen und statt­des­sen ganz auf KI set­zen. Doch ein unre­flek­tier­ter Ein­satz birgt Risi­ken: Feh­len­der emo­tio­na­ler Bezug zu KI-gene­rier­ten Lösun­gen oder der Ver­lust sozia­ler Dyna­mi­ken in Teams kön­nen krea­ti­ve Pro­zes­se beein­träch­ti­gen und die Umset­zung von Ideen blo­ckie­ren. Der größ­te Mehr­wert ent­steht durch eine geziel­te Zusam­men­ar­beit: KI lie­fert Impul­se und beschleu­nigt Pro­zes­se, wäh­rend der Mensch Pro­ble­me defi­niert, Ideen reflek­tiert und stra­te­gisch bewer­tet. Statt die Krea­ti­vi­tät zu erset­zen, erwei­tert KI deren Möglichkeiten.

Refe­ren­zen

Biel, S., Hahn, A., Bil­gram, V., & Rogers, H. (2025). From Hybrid to AI-First Inno­va­ti­on Manage­ment. IEEE Engi­nee­ring Manage­ment Review.

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Can­de­lon, F., Kray­er, L., Rajen­dran, S., & Mar­ti­nez, D.Z. (2023). How peo­p­le can crea­te – and des­troy – value with gene­ra­ti­ve AI. https://www.bcg.com/publications/2023/how-people-create-and-destroy-value-with-gen-ai, date of last retrie­val: Jan. 24th 2025.

Del­l’Ac­qua, F., McFow­land, E., Mollick, E. R., Lifs­hitz-Assaf, H., Kel­logg, K., Rajen­dran, S., … & Lakha­ni, K. R. (2023). Navi­ga­ting the jag­ged tech­no­lo­gi­cal fron­tier: Field expe­ri­men­tal evi­dence of the effects of AI on know­ledge worker pro­duc­ti­vi­ty and qua­li­ty. Har­vard Busi­ness School Tech­no­lo­gy & Ope­ra­ti­ons Mgt. Unit Working Paper, (24–013).

Fül­ler, J., Hut­ter, K., Wahl, J., Bil­gram, V., & Tekic, Z. (2022). How AI revo­lu­tio­ni­zes inno­va­ti­on management–Perceptions and imple­men­ta­ti­on pre­fe­ren­ces of AI-based inno­va­tors. Tech­no­lo­gi­cal Fore­cas­ting and Social Chan­ge, 178, 121598.

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Ver­g­an­ti, R., Ven­d­ra­mi­nel­li, L., & Ian­si­ti, M. (2020). Inno­va­ti­on and Design in the Age of Arti­fi­ci­al Intel­li­gence. Jour­nal of Pro­duct Inno­va­ti­on Manage­ment, 37(3), 212–227.

Zitier­emp­feh­lung: Vol­ker Bil­gram (24.02.2025): https://bayern-design.de/beitrag/die-zukunft-der-kreativitaet/
Portraitbild von Volker Bilgram
Vol­ker Bilgram
Vol­ker Bil­gram ist Pro­fes­sor für Glo­bal Inno­va­ti­on Manage­ment an der TH Nürn­berg und Sci­en­ti­fic Advi­sor bei der Inno­va­ti­ons­be­ra­tung HYVE in Mün­chen. Er forscht in den Berei­chen KI-basier­tes Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment, nach­hal­ti­ge Pro­dukt­ent­wick­lung, Ser­vice Design und Co-Crea­ti­on. In sei­ner Rol­le als Part­ner bei HYVE ver­half er Unter­neh­men wie Audi, BMW, Bei­ers­dorf, Meta oder Uni­le­ver inno­va­ti­ve und anwen­der­zen­trier­te Pro­duk­te, Ser­vices und Geschäfts­mo­del­le zu entwickeln.