1. April 2025

Das Ziel ist das Neue

Bei­trag von Ralf Michel

Die Rol­le der Design­for­schung in der Inno­va­ti­ons­för­de­rung der Schweiz 

Design­for­schung und Inno­va­ti­on – zwei Begrif­fe, die in der Schweiz auf vor­bild­haf­te Wei­se stra­te­gisch mit­ein­an­der ver­knüpft wor­den sind. Das weg­lei­ten­de Ziel bei­der Kon­tex­te ist die Erschaf­fung des Neu­en. Eine Blau­pau­se für die Inte­gra­ti­on des Designs und der Design­for­schung in Inno­va­ti­ons­pro­zes­se und Inno­va­ti­ons­po­li­tik in Bayern?

Für Bay­ern ist die Nähe zur Schweiz in beson­de­rer Wei­se inter­es­sant, weil die Inno­va­ti­ons­kraft der Schweiz stark aus­ge­prägt ist. Das bezieht sich vor allem auf ihre Fähig­kei­ten, neue Tech­no­lo­gien und Ideen zu ent­wi­ckeln. In der Schweiz wird die­se Inno­va­ti­ons­kraft durch ver­schie­de­ne Insti­tu­tio­nen und Pro­gram­me geför­dert, die dar­auf abzie­len, For­schung und Ent­wick­lung zu unter­stüt­zen und die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Wirt­schaft zu stär­ken. Eine zen­tra­le Rol­le spielt dabei die 2018 gegrün­de­te Inno­su­is­se (her­vor­ge­gan­gen aus der Kom­mis­si­on für Tech­no­lo­gie und Inno­va­ti­on). Die­se, dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um der Schweiz zuge­ord­ne­te Insti­tu­ti­on mit ihren rund 600 Mit­ar­bei­ten­den hat die Auf­ga­be, wis­sen­schafts­ba­sier­te Inno­va­tio­nen zu einer nach­hal­ti­gen wirt­schaft­li­chen, sozia­len und öko­lo­gi­schen Ent­wick­lung der Schweiz zu för­dern. Die Schwer­punk­te und Zie­le von Inno­su­is­se legt der Bun­des­rat (die Schwei­zer Regie­rung) fest. Die­ser Bei­trag wirft einen Blick auf die jun­ge Geschich­te der Design­for­schung im Kon­text der Schwei­zer Innovationsförderung.

„Die Schweiz hat durch ihre kon­ti­nu­ier­li­che und fle­xi­ble Inno­va­ti­ons­för­de­rung eine der welt­weit wett­be­werbs­fä­higs­ten Volks­wirt­schaf­ten aufgebaut.“

Die schwei­ze­ri­sche Inno­va­ti­ons­för­de­rung hat sich von einer Insti­tu­ti­on, die vor allem den Wis­sens­trans­fer zwi­schen Wis­sen­schaft und Wirt­schaft unter­stütz­te, hin zu einer umfas­sen­den Agen­tur ent­wi­ckelt, die heu­te als Motor für die För­de­rung von Inno­va­tio­nen in der gesam­ten Wirt­schaft fun­giert. Inno­su­is­se stellt nicht nur finan­zi­el­le Mit­tel (pro Jahr etwa 300 Mio. Schwei­zer Fran­ken) zur Ver­fü­gung, son­dern bie­tet auch Bera­tung, Netz­wer­ke und Schu­lun­gen, die dazu bei­tra­gen, dass Unter­neh­men, ins­be­son­de­re KMUs und Start-ups, ihre Inno­va­ti­ons­kraft ent­fal­ten kön­nen. Die Schweiz hat durch ihre kon­ti­nu­ier­li­che und fle­xi­ble Inno­va­ti­ons­för­de­rung eine der welt­weit wett­be­werbs­fä­higs­ten Volks­wirt­schaf­ten auf­ge­baut. Inno­su­is­se trägt wesent­lich dazu bei, dass die­ser Erfolg auch in Zukunft gesi­chert bleibt, indem sie eine Platt­form für den Wis­sens- und Tech­no­lo­gie­trans­fer bie­tet, die Unter­neh­men und For­schungs­ein­rich­tun­gen mit­ein­an­der ver­bin­det und die Grund­la­ge für zukunfts­fä­hi­ge Inno­va­tio­nen legt.

Zur geschicht­li­chen Rol­le des Designs, der Design­for­schung in der Schweiz

Die Geschich­te des Designs in der Schweiz begann im 19. Jahr­hun­dert, als die indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on und die zuneh­men­de Tech­no­lo­gi­sie­rung auch die Bedürf­nis­se nach funk­tio­na­ler und ästhe­ti­scher Gestal­tung beein­fluss­ten. Im frü­hen 20. Jahr­hun­dert spiel­te die Schweiz eine wich­ti­ge Rol­le bei der Ent­wick­lung von funk­tio­na­lem und mini­ma­lis­ti­schem Design, das bald den Prin­zi­pi­en der Moder­ne folg­te. Die soge­nann­te  „Schwei­zer Schu­le“ im Gra­fik­de­sign setz­te Maß­stä­be in der visu­el­len Kom­mu­ni­ka­ti­on und hat­te inter­na­tio­nal einen star­ken Ein­fluss auf die Ent­wick­lung ratio­na­ler Ent­wür­fe, beson­ders durch Desi­gner wie Max Mie­din­ger (Schrift­de­si­gner der Hel­ve­ti­ca) und Armin Hof­mann (Gra­fik­de­si­gner). Hier wur­den auch die Grund­la­gen für das Cor­po­ra­te Design gelegt. In die­ser Zeit war die Inno­va­ti­ons­för­de­rung in der Schweiz noch über­wie­gend auf die Indus­trie und Hand­werks­kunst fokus­siert. Die Schweiz war bekannt für ihre Prä­zi­si­ons­tech­nik, ins­be­son­de­re in der Uhr­ma­che­rei und im Maschi­nen­bau, und es gab ers­te Insti­tu­tio­nen, die dar­auf abziel­ten, wis­sen­schaft­li­che For­schung und ange­wand­te Tech­no­lo­gie zu för­dern, wie die ETH Zürich und die Eid­ge­nös­si­sche Hoch­schu­le für Tech­nik Lau­sanne (EPFL).

„Gleich­zei­tig wur­de in den 1960er Jah­ren die Bedeu­tung der Inno­va­ti­ons­för­de­rung durch staat­li­che Insti­tu­tio­nen in der Schweiz stär­ker betont.“

Nach dem Zwei­ten Welt­krieg nahm die Bedeu­tung von Design und Inno­va­ti­on in der Schweiz wei­ter zu. In den 1950er Jah­ren setz­te sich zuneh­mend die Vor­stel­lung durch, dass Design nicht nur ästhe­ti­sche, son­dern auch funk­tio­na­le und tech­no­lo­gi­sche Lösun­gen für indus­tri­el­le Pro­ble­me bie­ten konn­te. Ein wesent­li­cher Mei­len­stein war die Inte­gra­ti­on von Design in die Bil­dung an den Kunst­ge­wer­be­schu­len. Ab Ende der 1960er Jah­re wur­de Design als eigen­stän­di­ge Dis­zi­plin in jenem vor­aka­de­mi­schen Kon­text eta­bliert. Die­se Ent­wick­lung führ­te zu einer enge­ren Zusam­men­ar­beit zwi­schen den gestal­te­ri­schen Dis­zi­pli­nen und den Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten, da der Design­pro­zess zuneh­mend als inte­gra­ler Bestand­teil von Inno­va­ti­ons­pro­zes­sen ver­stan­den wur­de – aller­dings in einem eher tech­ni­schen Sin­ne. Gleich­zei­tig wur­de in den 1960er Jah­ren die Bedeu­tung der Inno­va­ti­ons­för­de­rung durch staat­li­che Insti­tu­tio­nen in der Schweiz stär­ker betont. Der schwei­ze­ri­sche Natio­nal­fonds für wis­sen­schaft­li­che For­schung (SNF), gegrün­det 1952, begann, ers­te For­schungs­pro­jek­te zu finan­zie­ren, die inter­dis­zi­pli­nä­re Ansät­ze förderten.

In den 1970er Jah­ren lie­gen schließ­lich die Wur­zeln des Design Thin­king, das eine stär­ke­re Fokus­sie­rung auf den Nut­zer und die Lösung von kom­ple­xen Pro­ble­men im Mit­tel­punkt hat­te – ein Ansatz, der sich aus dem Indus­trie­de­sign zu ent­wi­ckeln begann. Ent­lang die­ses Ansat­zes began­nen For­schen­de, die Prin­zi­pi­en des Design Thin­king als metho­di­schen Rah­men für die Inno­va­ti­ons­för­de­rung zu adap­tie­ren – zuerst aber nicht in den Design­dis­zi­pli­nen selbst, son­dern in den tech­ni­schen Kon­tex­ten. Beson­ders an der ETH Zürich und an der spä­te­ren Hoch­schu­le für Gestal­tung und Kunst in Zürich wur­den inter­dis­zi­pli­nä­re Pro­jek­te initi­iert, die nicht nur Desi­gner, son­dern auch Inge­nieu­re, Sozi­al­wis­sen­schaft­ler und Unter­neh­mer ein­be­zo­gen. Par­al­lel dazu ent­wi­ckel­te sich die Schweiz zu einem glo­ba­len Zen­trum für Inno­va­tio­nen, ins­be­son­de­re im Bereich der Medi­en­tech­no­lo­gie, der Phar­ma­in­dus­trie und der Mikro­tech­nik. Design wur­de zuneh­mend als wich­ti­ger Fak­tor in der Schaf­fung von inno­va­ti­ven Pro­duk­ten und Dienst­leis­tun­gen wahr­ge­nom­men. Um die­se Ent­wick­lun­gen zu unter­stüt­zen, eta­blier­te die Poli­tik Mit­te der 1980er Jah­re staat­li­che För­der­agen­tu­ren, die erheb­lich zur För­de­rung von Inno­va­ti­ons­pro­jek­ten bei­tru­gen, indem sie For­schung und Ent­wick­lung in enger Zusam­men­ar­beit mit der Indus­trie vorantrieben.

„Etli­che der erfolg­reichs­ten Schwei­zer Unter­neh­men, wie Logi­tech, Nest­lé und Nov­ar­tis, wur­den mit Unter­stüt­zung von Design- und Inno­va­ti­ons­me­tho­den gefördert.“

Im 21. Jahr­hun­dert erleb­te die Design­for­schung in der Schweiz eine neue Dimen­si­on, aus­ge­löst durch die digi­ta­le Revo­lu­ti­on. Die rasan­te Ent­wick­lung der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien, das Auf­kom­men von Inter­net und Mobi­le Com­pu­ting sowie die Zunah­me von inter­ak­ti­ven Sys­te­men führ­ten zu einer umfas­sen­den Neu­ori­en­tie­rung im Design. Design wur­de zuneh­mend als stra­te­gi­sche Dis­zi­plin wahr­ge­nom­men, die nicht nur Pro­duk­te und Ser­vices gestal­tet, son­dern auch die gesam­te Nut­zer­er­fah­rung und die Inter­ak­ti­on mit digi­ta­len Sys­te­men prägt.

In die­ser Zeit hat auch die Inno­va­ti­ons­för­de­rung in der Schweiz einen star­ken Fokus auf Digi­ta­li­sie­rung und tech­no­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on gelegt. Inno­su­is­se spiel­te die zen­tra­le Rol­le bei der För­de­rung von Start-ups und KMUs (klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men), die inno­va­ti­ve Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen im Bereich der digi­ta­len Tech­no­lo­gien ent­wi­ckel­ten. Etli­che der erfolg­reichs­ten Schwei­zer Unter­neh­men, wie Logi­tech, Nest­lé und Nov­ar­tis, wur­den mit Unter­stüt­zung von Design- und Inno­va­ti­ons­me­tho­den gefördert.

Ein bemer­kens­wer­ter Trend in der Schwei­zer Design­for­schung ist die zuneh­men­de Zusam­men­ar­beit zwi­schen Design, Wis­sen­schaft und Gesell­schaft. Die Schwei­zer Hoch­schu­len und For­schungs­in­sti­tu­te haben das Design als Schlüs­sel zur Lösung glo­ba­ler Her­aus­for­de­run­gen erkannt, ins­be­son­de­re in Berei­chen wie Nach­hal­tig­keit, Gesund­heits­we­sen und Mobi­li­tät. In Zürich, Basel, Lau­sanne, Luzern und Luga­no ent­stan­den For­schungs­la­bo­re und Inno­va­ti­ons­hubs, die sich auf inter­dis­zi­pli­nä­re Ansät­ze konzentrierten.

„Die Schweiz hat erfolg­reich Design als stra­te­gi­sches Instru­ment in der För­de­rung von Inno­va­tio­nen etabliert.“

Die Geschich­te der Design­for­schung und der Inno­va­ti­ons­för­de­rung in der Schweiz sind eng mit den Ent­wick­lun­gen in der Indus­trie und der For­schungs­ge­mein­schaft ver­knüpft. Vom frü­hen funk­tio­na­len Design im 20. Jahr­hun­dert über die inter­dis­zi­pli­nä­ren Metho­den des Design Thin­king bis hin zu den heu­ti­gen digi­ta­li­sier­ten Inno­va­ti­ons­pro­zes­sen zeigt sich, dass die Schweiz erfolg­reich Design als stra­te­gi­sches Instru­ment in der För­de­rung von Inno­va­tio­nen eta­bliert hat. Die För­de­rung von inter­dis­zi­pli­nä­ren For­schungs­an­sät­zen und die enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen Hoch­schu­len, For­schungs­ein­rich­tun­gen und der Indus­trie haben der Schweiz gehol­fen, ihre Posi­ti­on als eines der füh­ren­den Län­der in der glo­ba­len Inno­va­ti­ons­land­schaft zu festigen.
Zukünf­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen wer­den in der Inte­gra­ti­on von Design in trans­for­ma­ti­ve Kon­tex­te wie der Zir­ku­lar­wirt­schaft, in Aspek­te der Nach­hal­tig­keit und die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on lie­gen, wobei Design als Kata­ly­sa­tor für Inno­va­tio­nen und Pro­blem­lö­sun­gen zuneh­mend gefragt sein wird. Aller­dings wird hier ein hohes, mit­un­ter dis­rup­ti­ves Niveau wohl nur erreicht wer­den, wenn höhe­ren Risi­ken und undog­ma­ti­schen Vor­ge­hens­wei­sen, wie wir sie aus der Design­for­schung ken­nen, mehr Raum bekom­men: Das wirk­lich Neue benö­tigt das Experiment!

Die Rol­le des Swiss Design Net­work in der Geschich­te der Design­for­schung und Inno­va­ti­ons­för­de­rung in der Schweiz

 

Das Swiss Design Net­work (SDN) ist eine zen­tra­le Insti­tu­ti­on in der Schwei­zer Design­land­schaft, die sowohl die Ent­wick­lung der Design­for­schung als auch die För­de­rung von Inno­va­tio­nen in der Schweiz maß­geb­lich beein­flusst hat. Vom Autor die­ses Bei­trags 2002 initi­iert, ist das SDN ein Zusam­men­schluss von füh­ren­den For­schungs­in­sti­tu­tio­nen, die sich mit Design und Inno­va­ti­on befas­sen. Es hat­te sich beson­ders in der Grün­dungs­pha­se bis 2007 als Platt­form eta­bliert, die den Aus­tausch und die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Design­for­schen­den, Prak­ti­kern und der Indus­trie för­dert und dazu bei­trägt, die Schweiz als glo­ba­les Zen­trum für Design­for­schung und ‑inno­va­ti­on zu positionieren.

Im Kon­text der Geschich­te der Design­for­schung und Inno­va­ti­ons­för­de­rung in der Schweiz spielt das Swiss Design Net­work eine ent­schei­den­de Rol­le, weil es auf meh­re­ren Ebe­nen zur Ent­wick­lung und Stär­kung des Design­sek­tors bei­getra­gen hat – und ist damit min­des­tens im deutsch­spra­chi­gen Raum ein prä­gen­des Vor­bild für den Wis­sens­trans­fer zwi­schen den Sek­to­ren der (Design-)Bildung/Forschung, der Wirt­schaft und der Zivilgesellschaft.

För­de­rung des inter­dis­zi­pli­nä­ren Dialogs

Eine der zen­tra­len Auf­ga­ben des Swiss Design Net­work war und ist die För­de­rung des Dia­logs zwi­schen Design, Tech­nik, Wirt­schaft und Sozi­al­wis­sen­schaf­ten. Die­se inter­dis­zi­pli­nä­re Ver­net­zung war zu Beginn des 21. Jahr­hun­derts beson­ders wich­tig, als die Gren­zen zwi­schen den Dis­zi­pli­nen zuneh­mend ver­schwam­men und neue, inte­gra­ti­ve Ansät­ze erfor­der­lich wur­den, um kom­ple­xe Pro­ble­me zu lösen. Das SDN schuf eine Platt­form für den Aus­tausch von Ideen und Prak­ti­ken und unter­stütz­te die Ent­wick­lung von Metho­den und Pro­zes­sen, die Design mit ande­ren Dis­zi­pli­nen, wie Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten, Wirt­schaft und Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, ver­ban­den. Dabei wur­de Wert dar­auf­ge­legt, dass aus den Design­dis­zi­pli­nen je eigen­stän­di­ge Wis­sens­be­stän­de und Metho­den gene­riert wur­den, wel­che die Inno­va­ti­ons­kraft berei­cher­ten. Dies spie­gel­te die zuneh­men­de Aner­ken­nung von Design als nicht nur ästhe­ti­sche, son­dern auch stra­te­gi­sche Dis­zi­plin wider, die auf eine brei­te gesell­schaft­li­che und wirt­schaft­li­che Rele­vanz aus­ge­rich­tet ist.

Bei­spiels­wei­se wur­de Design Thin­king in der Schweiz, auch durch die Arbeit des SDN, als eine Metho­de popu­lär, die Nut­zer­zen­trie­rung mit einer krea­ti­ven Pro­blem­lö­sungs­stra­te­gie kom­bi­nier­te und Design in eine Viel­zahl von Indus­trien und Insti­tu­tio­nen inte­grier­te – bald wur­de die­ser metho­di­sche Zugang von den Busi­ness Hoch­schu­len auf­ge­so­gen, wo er sich mitt­ler­wei­le eta­bliert hat, wäh­rend er im Design ledig­lich eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le zu spie­len scheint. Das Inte­gra­ti­ve Design, ein an der Kri­tik bestehen­der Sys­te­me aus­ge­rich­te­tes Metho­den­set­ting, führ­te zur zwi­schen­zeit­li­chen Grün­dung des Insti­tuts für Inte­gra­ti­ves Design an der Hoch­schu­le für Gestal­tung in Basel und wur­de gleich­zei­tig an der bekann­ten Hoch­schu­le St. Gal­len unterrichtet.

 

Stär­kung der Design­for­schung in der Schweiz

Das Swiss Design Net­work trug wesent­lich dazu bei, die Design­for­schung als aka­de­mi­sche Dis­zi­plin zu eta­blie­ren und wei­ter zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren. Es hat nicht nur die Zusam­men­ar­beit zwi­schen ver­schie­de­nen Hoch­schu­len und For­schungs­in­sti­tu­ten geför­dert, son­dern auch den wis­sen­schaft­li­chen Aus­tausch auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne unter­stützt. Das SDN ermög­lich­te den Design­for­schen­den in der Schweiz, von den glo­ba­len Ent­wick­lun­gen im Bereich des Designs zu pro­fi­tie­ren und sich an inter­na­tio­na­len For­schungs­pro­jek­ten zu betei­li­gen. Ein Aspekt, dem man auch in Bay­ern gro­ße Auf­merk­sam­keit schen­ken soll­te. Denn aus die­ser inter­na­tio­na­len Ver­net­zung wer­den jene Qua­li­tä­ten und Kri­te­ri­en abge­lei­tet, die für den zuneh­mend inter­na­tio­na­li­sier­ten Inno­va­tions-Wett­be­werb ent­schei­dend sind.

Beson­de­re Bedeu­tung erlang­te das SDN in der För­de­rung von Design als inter­dis­zi­pli­nä­rem For­schungs­feld, das nicht nur auf ästhe­ti­sche Aspek­te abzielt, son­dern die Ent­wick­lung inno­va­ti­ver Lösun­gen für gesell­schaft­li­che und tech­no­lo­gi­sche Her­aus­for­de­run­gen fokus­siert. Durch die Inte­gra­ti­on des SDN in die Schwei­zer Inno­va­ti­ons­för­de­rung im Kon­text der ange­wand­ten For­schung wur­de das Design zuneh­mend als metho­di­sches Instru­ment für die Lösung von Pro­ble­men in Berei­chen wie Nach­hal­tig­keit, sozia­le Inno­va­ti­on und Tech­no­lo­gie­ent­wick­lung angesehen.

„Dabei wur­de ver­stan­den, dass die gestal­te­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Tech­nik und Funk­tio­na­li­tät von Pro­duk­ten nicht nur zur Ästhe­tik bei­trägt, son­dern mit­hin zur Opti­mie­rung der Nut­zer­er­fah­rung und der Marktakzeptanz.“

Arbeitssituation in einem Büro.
Cirrus ist eine responsive Entwicklung des von der Innosuisse geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojektes OLED Design Lab des Autors. Designforschende und verschiedene High-Tech Firmen fragten nach dem Innovationspotenzial der organischen LED. Im Hintergrund stand die Frage: wie integriert man die Geschwindigkeit und Expertise der Industrie mit den Ansprüchen der Designforschung zielgerichtet.
Situation in einem Wohnzimmer mit Vater und Kind vor LED-Leuchten.
Die Integration von technischem Fortschritt und Nachhaltigkeit fokussieren in der Designforschung auf eine Verbesserung menschlichen Lebens auf unserer Erde – ein humanistischer und systemorientierter Anspruch.

Ver­stärk­te Ver­bin­dung von Design mit der Industrie

Ein wich­ti­ger Bestand­teil der Stra­te­gie des Swiss Design Net­work war die enge Zusam­men­ar­beit mit der Indus­trie. Das SDN för­der­te nicht nur den Aus­tausch zwi­schen Desi­gnern und aka­de­mi­schen Insti­tu­tio­nen, son­dern mode­rier­te die direk­te Inter­ak­ti­on mit Unter­neh­men und Start-ups. Die­se Ver­bin­dung ermög­lich­te es, Design direkt in Inno­va­ti­ons­pro­zes­se zu inte­grie­ren und die Ent­wick­lung neu­er Pro­duk­te, Dienst­leis­tun­gen und Geschäfts­mo­del­le voranzutreiben.

Die Schweiz war in den frü­hen Jah­ren des 21. Jahr­hun­derts ein Inno­va­ti­ons­füh­rer in Berei­chen wie Medi­en­tech­no­lo­gie, Phar­ma und Maschi­nen­bau. Durch die Ver­knüp­fung von aka­de­mi­scher Design­for­schung und unter­neh­me­ri­scher Pra­xis hat das SDN dazu bei­getra­gen, dass Design in der Schweiz als ein stra­te­gi­sches Instru­ment in der Pro­dukt­ent­wick­lung und Inno­va­ti­ons­för­de­rung aner­kannt wur­de. Dabei wur­de ver­stan­den, dass die gestal­te­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Tech­nik und Funk­tio­na­li­tät von Pro­duk­ten nicht nur zur Ästhe­tik bei­trägt, son­dern mit­hin zur Opti­mie­rung der Nut­zer­er­fah­rung und der Markt­ak­zep­tanz. Dar­über hin­aus muss man kon­sta­tie­ren, dass kaum kri­ti­sche Ansät­ze geför­dert wur­den, die zu ech­ten dis­rup­ti­ven Ansät­zen hät­ten füh­ren kön­nen. Die­se Kri­tik­fä­hig­keit des Designs ver­stärkt zu för­dern, könn­te tat­säch­lich viel­ver­spre­chend sein, da die ein­zu­set­zen­den Mit­tel ver­gleichs­wei­se gering sind im Ver­gleich zu mög­li­chen Ergeb­nis­sen, die das gestal­te­ri­sche Den­ken (desi­gner­ly way of kno­wing – ein zen­tra­ler Begriff der inter­na­tio­na­len Design­for­schung) her­vor­zu­brin­gen imstan­de ist. Dazu müss­te die Domi­nanz kurz­fris­ti­ger Markt­er­war­tun­gen und rein tech­ni­scher Lösungs­an­sät­ze um neue Ansät­ze erwei­tert werden.

 

Inter­na­tio­na­le Aus­strah­lung und Ein­fluss auf die glo­ba­le Designlandschaft

Das Swiss Design Net­work hat­te nicht nur eine natio­na­le, son­dern auch eine inter­na­tio­na­le Wir­kung. Durch sei­ne Mit­glie­der und deren For­schungs­pro­jek­te konn­te das SDN eine Brü­cke zwi­schen der Schweiz und der glo­ba­len Design- und Inno­va­ti­ons­ge­mein­schaft schla­gen. Schwei­zer Design­for­schen­de, die im Rah­men des SDN zusam­men­ar­bei­te­ten, nah­men an inter­na­tio­na­len Kon­fe­ren­zen teil, ver­öf­fent­lich­ten in renom­mier­ten Fach­zeit­schrif­ten und waren an glo­ba­len Design-Inno­va­ti­ons­pro­jek­ten beteiligt.

Ein Bei­spiel für die inter­na­tio­na­le Bedeu­tung des SDN ist die jähr­li­che Swiss Design Awards-Ver­lei­hung, die das SDN seit sei­ner Grün­dung maß­geb­lich unter­stützt hat. Die­se Aus­zeich­nung ist nicht nur ein High­light in der Schwei­zer Design­land­schaft, son­dern hat inter­na­tio­na­len Ruf erlangt. Sie bie­tet den Desi­gnern in der Schweiz eine Platt­form, ihre Arbei­ten einem glo­ba­len Publi­kum vor­zu­stel­len und sich in der inter­na­tio­na­len Design­ge­mein­schaft zu ver­net­zen. Für Bay­ern könn­te das hei­ßen (wenn es nicht schon längst gesche­hen ist), dass die Anstren­gun­gen in ver­schie­de­nen Sek­to­ren noch bes­ser mit­ein­an­der ver­netzt und koor­di­niert vor­an betrie­ben wer­den müss­ten: Design­for­schung, Wirt­schafts­för­de­rung, Inno­va­ti­ons­för­de­rung und Mar­ke­ting mit dem Ziel, die Trans­for­ma­ti­on von Wirt­schaft und Gesell­schaft zu forcieren.

 

Nach­hal­tig­keit und sozia­le Innovation

In den letz­ten Jah­ren hat das Swiss Design Net­work zuneh­mend das The­ma Nach­hal­tig­keit und sozia­le Inno­va­ti­on in den Vor­der­grund gestellt. Im Ein­klang mit glo­ba­len Her­aus­for­de­run­gen und der wach­sen­den Bedeu­tung von Umwelt­be­wusst­sein und sozia­ler Ver­ant­wor­tung hat es Design als einen mög­li­chen Hebel zur Lösung glo­ba­ler Pro­ble­me ver­sucht zu posi­tio­nie­ren. In zahl­rei­chen Pro­jek­ten wur­de Design als Werk­zeug genutzt, um nach­hal­ti­ge Pro­duk­te, Dienst­leis­tun­gen und Geschäfts­mo­del­le zu entwickeln.

Die Schweiz – ein Vor­bild auch für Bayern?

Beson­de­re Auf­merk­sam­keit leg­ten die Akteu­re dabei auf The­men wie Kreis­lauf­wirt­schaft, nach­hal­ti­ge Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und umwelt­freund­li­che Inno­va­tio­nen. Das SDN hat durch sei­ne For­schung und Pra­xis dazu bei­getra­gen, dass Design in der Schweiz nicht nur als ästhe­ti­sche Dis­zi­plin, son­dern als ein Instru­ment für gesell­schaft­li­che Trans­for­ma­ti­on und posi­ti­ve Ver­än­de­rung aner­kannt wur­de. Genau die­se koor­di­nier­te stra­te­gi­schen Ori­en­tie­rung und För­de­rung von Design und Design­for­schung stellt den Vor­bild­cha­rak­ter der Schweiz für Bay­ern dar – es wäre nahe­lie­gend, von den Erfah­run­gen der Schweiz auch in Bay­ern zu profitieren.

Zitier­emp­feh­lung: Ralf Michel (01.04.2025): Das Ziel ist das Neue https://bayern-design.de/beitrag/das-ziel-ist-das-neue/

Portrait des Autors Ralf Michel
Dr. Ralf Michel

Dr. Ralf Michel hat unter ande­rem Design in Köln stu­diert und an der Bau­haus Uni­ver­si­tät in Wei­mar pro­mo­viert. In der Inte­gra­ti­on von Design und Design­for­schung an den Schnitt­stel­len zur Tech­no­lo­gie­ent­wick­lung und dem Mar­ke­ting sowie der Ein­be­zug von Stake­hol­dern in Design- und Ent­wick­lungs­pro­zes­se sind sei­ne For­schun­gen und Akti­vi­tä­ten ange­sie­delt. Der­zeit ent­wi­ckelt Michel ein Kon­zept zum Life-Long-Lear­ning an der Hoch­schu­le für Gestal­tung und Kunst in Basel und unter­rich­tet im Kon­text der Design­in­te­gra­ti­on in Kon­zep­te der Zir­ku­lar­wirt­schaft sowie im Kon­text der UN-Nach­hal­tig­keits­zie­le. Ralf Michel initi­ier­te 2002 das Swiss Design Net­work und grün­de­te vor 2005 das Board of Inter­na­tio­nal Rese­arch in Design, ein Her­aus­ge­ber­rat des Birkhäuser/De Gruey­ter Verlags.

Kon­takt: ralfmicheldesign@gmail.com